Auf der Suche nach dem Dritten Raum
Im Juli strömten über 300 Teilnehmer in den Hospitalhof zum 7. Fachtag Quartiersentwicklung unter dem Motto „Auf dem Weg zur krisenfesten Gesellschaft – Welchen Beitrag kann die Quartiersentwicklung leisten?“. Quartiersaktive aus ganz Baden-Württemberg, unter anderen auch das Forum Hospitalviertel, nutzten diese Gelegenheit, um gemeinsam über die Zukunft der Quartiere zu reflektieren. Zusammengefasst: Wie die Quartiersarbeit verschiedener Initiativen und Vereine die vielfältigen Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts beeinflussen?
Eine knappe Antwort lässt sich in der Grußbotschaft des
Sozialminister Manne Lucha geben: „Quartiere können einen wesentlichen Beitrag
bei der Bewältigung verschiedener gesellschaftlichen Krisen leisten.“ Lucha
denkt dabei an alle Formen des Extremismus oder Rassismus. Welche Krisen es
auch immer seien, so Lucha: „Wir können sie nur gemeinsam bewältigen.“ Die
Schlüsselfunktionen dabei sind laut Lucha: „Teilhabe und Teilgabe – in der
Nachbarschaft. „Daher braucht jedes Quartier einen kostenfreien Begegnungsort.“
Das entspricht ziemlich genau der Auffassung von
Forum-Vorstand Eberhard Schwarz. Er geht schon lange mit der Idee des so
genannten Dritten Ortes schwanger: Diese
Idee stammt ursprünglich von dem US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg. Er
prägte den Begriff in den 1980er Jahren in seinem Buch „The Great Good
Place“. Der Dritte Ort bezeichnet einen sozialen Treffpunkt außerhalb der
eigenen Wohnung (Erster Ort) und der Arbeitsstätte (Zweiter Ort). Es ist ein
Raum, in dem Menschen gemeinsam Zeit verbringen, sich austauschen, Beziehungen
knüpfen und ein Gefühl der Zugehörigkeit erfahren.
„Für Quartiere in der Stadt ist die Idee des Dritten Raumes von
großer Bedeutung“, sagt Eberhard Schwarz: „Diese Orte oder Räume können zu
sozialen Knotenpunkten werden, an denen die Bewohner eines Viertels
zusammenkommen, sich kennenlernen und Gemeinschaft erleben.“ Dritte Orte können
Cafés, Parks, Bibliotheken, Gemeinschaftszentren oder lokale Geschäfte sein,
die als offene und einladende Räume fungieren.
Schwarz ist sich sicher: „Indem die Quartiere Dritte Räume schaffen
und fördern, tragen sie zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zur
Unterstützung von sozialen Beziehungen und zur Bekämpfung von Isolation bei. Diese
Räume können die Lebensqualität in Quartieren verbessern, das Gefühl der
Nachbarschaftlichkeit fördern und ein Gefühl von Identität und Verbundenheit
schaffen. Sie sind somit ein wichtiger Bestandteil einer lebendigen und
lebenswerten Stadt.“
In seiner Keynote ging Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von
der FH Münster auch darauf ein. In seiner inspirierenden Rede über die
Potenziale nachbarschaftlicher Konstellationen als Quelle für den
gesellschaftlichen Zusammenhalt, betonte er die Bedeutung von Kompromissen
innerhalb der Nachbarschaft – also dort, wo Menschen zusammenleben. Dort steige
das gegenseitige Vertrauen, so Kurtenbach und die Bereitschaft, Kompromisse zu
einem gelingenden Zusammenleben auszuhandeln. Er glaubt, dass für eine
funktionierende Nachbarschaft auch das Spiel der freien Kräfte wichtig ist:
„Man darf die Menschen nicht an die Hand nehmen und Dinge vorgeben. Man muss
ihnen das Vertrauen geben, eigenverantwortlich Beziehungen aufzubauen.“ Und
genau dazu brauche es als Basis Dritte Orte, ergänzt Eberhard Schwarz: „Dort
lassen sich dann funktionierende Nachbarschaften aufbauen. Wenn man es schafft,
Dritte Ort zu etablieren, können sie dazu beitragen, das soziale Gefüge und die
Lebensqualität im Quartier zu stärken.“