Noch setzen zu wenig im Viertel auf die Mehrwegvariante beim Mittagessen.
Fruchtbare Diskussion im St. Agnes.

In einem einzigartigen Pilotprojekt zwischen dem St. Agnes und der im Hospitalviertel ansässigen Gastronomie sollen die Müllberge, die vor allem durch Einweg-Geschirr am Mittag verursacht werden, bald verschwunden sein.

Nach Angaben der Verbraucherzentrale Berlin produzieren die Bürger in Deutschland 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag durch Mitnahme-Verpackungen für Speisen und Getränke. Das ist den Schülern und den Lehrern des St. Agnes Mädchen Gymnasium in Stuttgart eindeutig zu viel. Nicht zuletzt aus diesem Grund startete die Schule eine Umfrage unter Schülerinnen, um die Müllmenge zu ermitteln, die pro Schuljahr anfällt. Das Ergebnis zeigt, dass ungefähr die Hälfte der Schülerinnen außerhalb der Schule im Hospitalviertel zu Mittag essen. Und so produzieren die Eleven des St. Agnes allein durch das Mittagessen Müll von rund 16 300 Einwegverpackungen pro Schuljahr.

Wie lässt sich das Projekt lösen?

Wie also lässt sich dieser Müllberg vermeiden, fragten sich die Teilnehmerinnen der Nachhaltigkeits-Arbeitsgemeinschaft     des St Agnes Gymnasiums neben anderen wichtigen Fragen zur Müllvermeidung. Zum Beispiel: Gibt es im Hospitalviertel eine einheitliche Lösung für Mehrwegbehälter? Wie schafft man es, dass alle Menschen im Quartier Mehrwegbehälter nutzen? Und: Gibt es weitere Möglichkeiten, um das Müllaufkommen im Viertel zu reduzieren?

All diese Fragen diskutierten die Schülerinnen zusammen mit den Gastronomen des Viertels der Lokale Sausalitos, Heaven’s Kitchen, Elena‘s Coffee & Kitchen sowie der stellvertretenden Schulleiterin Susi Hartmann,  Lehrern und zwei Vertretern des Vereins Forum Hospitalviertel, Eleonore Bauer, Martin Haar und Achim Weiler, der eva, des Jugendhauses und des Seminars für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte an Gymnasien an einem Runden Tisch im St. Agnes Gymnasium.

Das größte Problem ist die Bequemlichkeit

Zum Hintergrund: Seit Januar 2023 sind Caterer, Lieferdienste und Restaurants eigentlich verpflichtet, ihren Kunden Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegverpackungen von Speisen zum Mitnehmen anzubieten. Doch bisher scheinen Konsumenten im Viertel dieses Angebot nur zögerlich zu nutzen. Die Gründe sind vielfältig. Da ist zum einen die Vielzahl an Mehrwegsystemen. Das Angebot der Pfandsysteme reicht von Rebowls über Recircle, Vytal bis hin zu Relevo. Das erschwere die Übersicht und die Umsetzung in der Praxis, glauben manche Gastronomen. Aber letztlich lasse sich die mangelnde Akzeptanz beim Verbraucher auf einen einzigen Grund reduzieren, wie auch die stellvertretende Schulleiterin des St. Agnes, Susi Hartmann, meint: „Bequemlichkeit.“ Dieses Problem lasse sich aus Sicht der Pädagogin entweder durch Information und Anreize oder durch Sanktionen lösen.

Am Ende einer zweistündigen Diskussion verständigte sich die Runde auf Anreize. Der Plan dazu lautet so: Die teilnehmenden Gastronomen im Viertel setzten nun auf das System Rebowl, mit dem auch das St. Agnes arbeitet. Die Schule verteilt an alle teilnehmenden Gastronomen jeweils ein Kontingent an Schüsseln. Die Schüler können dann dort gegen Vorlage eines Pfandkärtchens, das sie zuvor in der Schule erworben haben, ihr Essen zum Beispiel bei Elena’s Coffee & Kitchen in einem Rebowl-Gefäß kaufen. Der Wirt sammelt die St.-Agnes-Schüsseln und tauscht sie nach der Rückgabe in der Schule gegen gespülte Gefäße aus. Die Schülerinnen haben so die Wahl, ihre benutze Schüssel entweder in der Schule gegen ein Pfandkärtchen zurückzutauschen oder direkt beim Wirt.

Anreize statt Sanktionen

Kurzum: für die Schüler soll diese bequeme Abwicklung den Anreiz erhöhen, auf Mehrweggefäße umzusteigen. Die Gastronomen und das St. Agnes verständigte sich zudem auf eine Testphase bis Juli. Zudem ist das im Viertel ansässige Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte an Gymnasien stark daran interessiert, an diesem einzigartigen Pilotprojekt in der Stuttgarter City teilzunehmen. Mehr noch: Der Wirt von Elena’s Coffee & Kitchen will noch stärker an der Schraube „Anreiz“ drehen, indem er den Schülern über ein Rabattsystem einen Preisnachlass gewährt.

Vielleicht setzt sich so die Haltung in Sachen Müllvermeidung von Susi Hartmann bei allen im Hospitalviertel durch: „Ich gehe nie ohne mein Rebowl aus dem Haus.“ Sollte dies nicht nur im St. Agnes Schule machen, dürften die Müllberge im Hospitalviertel bald fast verschwunden sein.

Wie kann man noch Müll im Hospitalviertel vermeiden? Gibt es weitere gute Ideen? Schreiben sie uns per E-Mail unter haar@forum-hospitalviertel.de