Der Vorstand des Vereins Forum Hospitalviertel lässt sich von Vertretern des Stadtplanungamts und des Tiefbauamts den Baufortschritt erklären.
Der 2015 eingeweihte Synagogenplatz
Ein historisches Foto der Synagoge vor ihrer Zerstörung.

Stadt schließt einen Teil des Sanierungsgebietes ab

Auf Plätzen werden Geschichten geschrieben und Demokratie gelebt, denkt man nur an die Agora im antiken Griechenland zurück. Umso verständlicher ist es, dass viele Menschen, Gruppen im Hospitalviertel, ja auch die Stadt, der Fertigstellung des Synagogenvorplatzes samt Hospitalstraße voller Ungeduld entgegenblicken. Allerdings ist in dieser Sache weiterhin Geduld gefragt, wie eine Mitarbeiterin des Stadtplanungsamtes bei der jüngsten Anliegerversammlung im Treffpunkt Rotebühlplatz erklärte: „Es wird wahrscheinlich Mai 2025 bis zur endgültigen Fertigstellung.“ Erst dann wird bei diesem Projekt, über das bereits seit 2015 gesprochen wird, der Schlussstein gesetzt. Genauer gesagt: Es sind zwölf Schlusssteine, die als Kunstplatten die zwölf Stämme Israels darstellen.

Die Verzögerung bis ins Jahr 2025 hat einen einzigen Grund. Es liegt an dem ehemaligen GWG-Haus in der Hospitalstraße 33. Die Sanierung des Gebäudes ist voraussichtlich erst in zwei Jahren abgeschlossen. Bis dahin werden die Flächen, die für die Kunstplatten vorgesehen sind, mit einem Interimsbelag versiegelt. Zu feiern gibt es dennoch bald etwas. Und zwar die Vollendung des städtebaulichen Sanierungsgebiet Hospitalstraße samt dem Hospitalplatz und der angrenzenden Straßen. Dazu wird nach Fertigstellung die Hospitalstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Versenkbare Poller erlauben dann nur noch Rettungs- und Einsatzfahrzeugen oder der Müllabfuhr die Durchfahrt. Diese Arbeiten sollen Ende Mai 2023 abgeschlossen sein und mit einer Quartiershocketse gefeiert werden.

Insgesamt werden 40 Bäume gepflanzt

Dann wird sich das Sanierungsgebiet in einer völlig neuen Anmutung präsentieren. Mit dem Beginn im Herbst dieses Jahres werden dort insgesamt 40 Bäume gepflanzt. Die Bäume stehen unter anderem für den neuen Charakter der Straße und des Platzes. Vor der Synagoge wird es nicht nur verkehrsberuhigt, es wird lebhaft. „Die Straße wird deutlich grüner werden und durch die breiteren Gehwege mit Aufenthaltsbereichen ein Raum zum Dableiben“, verspricht die Verwaltungsangestellte. Dazu will auch die vhs beitragen, die immer noch hofft, in das Gebäude mit der Hausnummer 33 einziehen zu können. Aus Sicht von vhs-Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner entstünde mit dem Einzug eine Symbiose zwischen der Bildungseinrichtung und dem Synagogenvorplatz: „Es wäre ein Kern von Bildung sowie Interreligiösität. Von der verbindenden Kultur könnten Impulse in die ganze Stadt ausgehen.“

Dies ist nur eine von vielen Erwartungen an diesen besonderen Ort. „Durch den Abschluss der Arbeiten“, so die Verwaltungsangestellte des Stadtplanungsamtes, „wird der Synagogenvorplatz bildhaft. Denn keiner weiß doch so richtig, wo die Synagoge ist.“ Durch die Neu- und Umgestaltung entsteht laut der Stadtplanerin auch eine Verbindungsachse. Natürlich hat auch die Israeltische Gemeinde besondere Erwartungen an diesen Platz, der vorher nur Straße war.

Die IRGW-Vorstandssprecherin Barbara Traub meinte anlässlich der Einweihung des Synagogenplatzes im Jahr 2018: „Wir hoffen, dass die Stuttgarter Bürger künftig nicht mehr nur wissen, dass es in der Stadt eine Synagoge gibt, sondern dass sie auch wissen, wo genau die Stuttgarter Synagoge steht. Mit unserem Synagogenplatz wird unsere Gemeinde viel stärker als bisher ins Bewusstsein der nichtjüdischen Bürger rücken. Nicht mehr nur als jüdische Menschen, sondern auch als jüdische Gemeinde werden wir künftig stärker wahrgenommen werden. Wahrgenommen als Teil dieses Landes. Als Teil dieser Stadt.“

„Hier entsteht etwas Bedeutendes“

 

Ins gleiche Horn stößt Eberhard Schwarz, Vorstandsmitglied des Vereins Forum Hospitalviertel: „Begegnung findet nicht auf unseren Schreibtischen oder in unseren Köpfen statt. Es ist immer wieder der Alltag und der öffentliche Raum, der Menschen zueinander führt. Deshalb sind die Neugestaltung des Synagogenvorplatzes und das bessere Sichtbarwerden jüdischen Lebens in Stuttgart eine wunderbare Initiative.“ Aus Sicht des City-Pfarrers „stärkt es die gute Nachbarschaft im Quartier, wertet das Hospitalviertel auf und schafft einen starken repräsentativen Ort jüdischen Lebens und des Begegnens in der Landeshauptstadt“. Denn Geschichte sei nicht nur Geschehenes, sondern auch Geschichtetes, so Schwarz: „Dies gilt auch für diesen Boden im Hospitalviertel. Hier entsteht etwas von Bedeutung für die Stadt.“

 

Bleibt die Frage nach der Sicherheit. Schon jetzt wird der Synagogenplatz und die Synagoge durch eine starke Polizeipräsenz gesichert. Wie lässt sich das antisemitische Bedrohungspotenzial mit der geplanten Belebung des Vorplatzes vereinbaren. Susanne Jakubowski aus dem Vorstand der IRGW hofft, dass durch die Poller eine Beruhigung eintritt. Damit müsse es lediglich an den hohen jüdischen Feiertragen eine starke Polizeipräsenz geben. Jakubowski könnte zudem ein kleines Bistro mit einem koscheren Angebot im Haus Hospitalstraße 25 vorstellen. „Visionen haben wir viele“, sagte sie und sprach dem Vorstand des Forum Hospitalviertel e.V., Eberhard Schwarz, aus dem Herzen. Auch er macht sich allerlei Gedanken über die Wirkung und die Möglichkeiten dieses neuen Platzes. Unter dem Brennglas Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft planen Schwarz und der Verein Forum Hospitalviertel eine gesellschaftliche Debatte zur Wirkung, der Nutzung und der Lösung von etwaigen Problemen des neuen Ortes anzustoßen.

 

Am Gelingen des Prozesses hat indes keiner Zweifel. Auch Projektleiter Frank Hüttner vom Tiefbauamt nicht. „Die Sache wird gut“, rief er den Anliegern des neuen Synagogenvorplatzes voller Überzeugung zu und ergänzte: „Ich freue mich schon auf das Fest zur Einweihung.“