Bezirksbeirat kritisiert Liegenschaftsamt
Der gesamte Bezirksbeirat Mitte und Bezirksvorsteherin Kienzle wünschen sich vom Liegenschaftsamt ein Einlenken bei der Zwischennutzung leerstehender Räume am Leuschnerplätzle.
Kleines Anliegen, großes Thema. So startete Eberhard Schwarz seine Rede vor dem Bezirksbeirat Mitte und Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Tatsächlich geht es Schwarz und dem Forum Hospitalviertel e.V. um nicht weniger als die Demokratie und ein einzigartiges Projekt dazu. Denn das Forum Hospitalviertel ist Kooperationspartner des universitären Projektes „Zukünftige Freiheiten. Reportagen aus der postkarbonen Gesellschaft des Jahres 2049“ unter der Federführung von Dr. Elke Uhl (Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung – IZKT).
Das kleine Anliegen des Forum-Vorstandes ist ebenso schnell
erklärt: Gerade das Leuschnerplätzle soll bei diesem Projekt eine besondere
Rolle spielen. Denn am Leuschnerplätzle, an der Ecke Fritz-Elsas-Straße/
Leuschnerstraße, endete mit der Auflösung des nach Stuttgart geflohenen
„Frankfurter Rumpfparlaments“ im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Kapitel
nationaler Demokratiegeschichte. Und genau hier soll dieses lose Ende der
Demokratiegeschichte wieder aufgenommen werden.
Das Projekt untersucht nun vor allem die vielfältigen
Debatten um den Freiheitsbegriff und dessen Zukunftsfähigkeit bis zum 100.
Geburtstag des Grundgesetzes im Jahr 2049. Dabei sollen Bürger des Quartiers,
Wissenschaftler und Studierende in einen kreativen Austauschprozess eingebunden
werden.
Ein zentraler Bestandteil des Projektes sind die Dokumentarfilme
mit den Bewohnern des Hospitalviertels, die unter anderem in einem temporären
Begegnungsort produziert werden sollen: im „Atelier Leuschnerplätzle“. Es ist
als Freiheitswerkstatt, als Begegnungsraum und als Ausstellungsraum konzipiert.
Tatsächlich würde sich dafür eine Liegenschaft der Stadt besonders
eignen. Nicht nur, weil sie seit geraumer Zeit leer steht und offenbar auch
nicht ad hoc zu vermieten ist. Einen Teil der Fläche könnte nun als Atelier dienen.
Doch das Liegenschaftsamt lehnt die Zwischennutzung für das Demokratieprojekt
kategorisch ab. Begründung: Die Fläche müsse erheblich saniert werden. Zudem
hätte das Liegenschaftsamt derzeit alle Hände voll mit Flüchtlingsunterkünften
zu tun. Ein dort ansässiger Einzelhändler widerlegt dies. Er erklärte gegenüber
dem Forum Hospitalviertel: „Das Liegenschaftsamt hat uns sogar aufgefordert
aktiv nach Pop-Up-Mietern zu suchen.“
Das Liegenschaftsamt selbst hüllt sich inzwischen in Schweigen.
Mehr noch: Die Vertreter des Amtes haben sogar eine Einladung zur Bezirksbeiratssitzung
abgelehnt. Nachdem Veronika Kienzle ihrem Rat und den Bürgern im Mittleren
Sitzungssaal diese Botschaft übermittelte, folgte ein Raunen des Unmutes im
Saal. Vereinzelt waren Stimmen herauszuhören, die Worte wie „Armutszeugnis“ oder
„Das gibt’s doch gar nicht herauszuhören.
Auch für Pfarrer im Ruhestand Schwarz ist diese Haltung der
Verwaltung nicht nachvollziehbar. Er stellte sogar eine Grundsatzfrage: „Wie
geht man von Seiten der der Stadt mit Leerstand um?“ Schwarz wünscht sich einen
transparenteren und kreativeren Umgang. „So sollte man nicht mit städtischem
Eigentum umgehen. Zudem redet man in der Stadt gerne von Bürgerbeteiligung,
aber in den Ämtern scheint dieser Gedanke noch nicht verankert zu sein.“
Worte, die bei den Bezirksbeiräten kollektive Betroffenheit
auslöste. „Ich kann das nicht nachvollziehen“, erklärte Heinrich Huth (SPD), „ich
wünsche mir, dass das Liegenschaftsamt diese Räume zur Verfügung stellt.“ Auch Cornelius
Hummel von der FDP versicherte Schwarz und dem Forum Hospitalviertel seine ganze
Unterstützung: „Von mir voller Rückenwind.“ Veronika Kienzle geht sogar noch
einen Schritt weiter. Sie hat die historische Bedeutung des Leuschnerplätzles
erkannt und will sich nun um diesen Ort persönlich kümmern, obschon man ihn
wegen seiner Lage und Topografie nicht ohne weiteres zu einem Gedenkort machen
könne. Fürs Erste versprach sie aber, das Liegenschaftsamt erneut im Namen des
Bezirksbeirates Mitte anzuschreiben. „Wir werden erneut darum bitten, diese
Räume für eine mehrmonatige Nutzung freizugeben.“
Für das Forum Hospitalviertel bedeutet diese Zusage sehr viel.
Aus Sicht des gesamten geschäftsführenden Vorstandes ist mit etwas gutem Willen
an dieser Stelle etwas ganz Wunderbares im Sinne der Demokratie sowie der
Geschichte dieses besonderen Platzes möglich. Aus diesem Grund appellieren die
Geschäftsführenden Vorstände des Forum Hospitalviertel an das Liegenschaftsamt,
in diesem Fall das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.