Forum Hospitalviertel stellt Jahresbericht im Bezirksbeirat Mitte vor

Vereinsarbeit ohne städtischen Zuschuss auf der Kippe

Im Bezirksbeirat Mitte im Stuttgarter Rathaus stellte das Forum Hospitalviertel e.V. seinen aktuellen Jahresbericht vor und informierte über geplante Projekte im kommenden Jahr. Doch neben positiven Rückblicken und Zukunftsplänen stand vor allem eine zentrale Sorge im Raum: die Sicherung des jährlichen städtischen Zuschusses in Höhe von 25 000 Euro, über den derzeit im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt der Stadt Stuttgart entschieden wird.

Ohne diese Förderung, so machte der Verein deutlich, ist die Arbeit des Forums in der jetzigen Form nicht fortzuführen. Der Zuschuss bildet die finanzielle Grundlage für die vielfältigen Aktivitäten im Quartier – von Nachbarschaftsprojekten über kulturelle Veranstaltungen bis hin zu sozialen Initiativen.

Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle machte in der Sitzung eindrücklich deutlich, wie wichtig die Arbeit solcher bürgerschaftlichen Initiativen für die Stadtentwicklung sei – und appellierte an den Gemeinderat, den Zuschuss weiter zu bewilligen: „Man kann nicht einfach nur ansagen, was richtig ist. Man muss die Leute mitnehmen, durch Transparenz, durch Beteiligung, durch Offenheit in Verwaltungsprozessen.“ Weiter sagte Kienzle über den tieferen Wert von Beteiligungsprozessen a la Forum: „Es geht nicht darum, dass alle am Ende jede Entscheidung gut finden. Aber wir brauchen Verfahrensakzeptanz. Nur wenn Menschen verstehen, wie Entscheidungen entstehen, wächst auch Vertrauen in Politik und Verwaltung.“ Damit leiste der Verein einen unschätzbaren Wert für die Stadtgesellschaft – und das seit 25 Jahren. „Diese Initiativen sind die tragenden Säulen unserer Quartiere. Sie schaffen Begegnung, vermitteln Verständnis und tragen dazu bei, dass Stadtgesellschaft funktioniert. Das ist keine Selbstverständlichkeit“, sagte Veronika Kienzle in einem flammenden Plädoyer und schloss mit einem mahnenden Appell in Richtung Gemeinderat: „Und genau deshalb dürfen wir sie nicht im Stich lassen!“

Was das Forum Hospital aktuell leistet, erklärte Vorstand Eberhard Schwarz. Tatsächlich engagiert sich das Forum auf vielfältige Weise für das Zusammenleben im Viertel und darüber hinaus. Zu den aktuellen Projekten zählen etwa das Baumpatenschaftsprogramm, nachbarschaftliche Begegnungsformate, kulturelle Kooperationen wie mit dem Renitenztheater, sowie Führungen und Bildungsangebote zu sozialen Themen der Stadtgeschichte. Ein besonderer Höhepunkt in diesem Jahr war das Quartiersfest und die Eröffnung des Synagogen-Vorplatzes, an der viele hunderte Menschen teilnahmen. Darunter die Spitze der Landes- und Stadtpolitik, OB Frank Nopper und Landtagspräsidentin Muhterem Aras, sowie die höchsten Vertreter beider Amtskirchen Christian Hermes und Sören Schwesig. Das Fest wurde als starkes Zeichen des interkulturellen und interreligiösen Zusammenhalts wahrgenommen.

„Es war bewegend zu sehen, wie Kinder aus der jüdischen Schule und aus dem Agnesgymnasium miteinander gespielt haben“, sagte Schwarz, „solche Momente zeigen, wie wichtig Orte des Miteinanders sind – gerade in Zeiten gesellschaftlicher Spannungen.“

Trotz des großen Engagements steht das Forum vor einer ungewissen Zukunft. Der Verein arbeitet weitgehend ehrenamtlich, doch laufende Kosten für Büro, Materialien, Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung und Veranstaltungsorganisation können ohne die städtische Unterstützung nicht getragen werden. „Wir bringen Fachkompetenz aus vielen Bereichen mit – von Stadtplanung über Sozialarbeit bis hin zu Kulturvermittlung“, berichtete Schwarz: „Aber ohne den städtischen Zuschuss fehlen uns die Mittel, diese Arbeit weiterhin zu leisten.“ Das Forum verstehe sich als Kontakt- und Anlaufstelle im Quartier, als Vermittler zwischen Bürgerschaft, Verwaltung und Politik. Mehr noch: „Wir sind ein praktisches Beispiel dafür, wie bürgerschaftliches Engagement Stadtentwicklung positiv beeinflussen kann.“

Zum Abschluss der Sitzung wiederholte Bezirksvorsteherin Mitte, Veronika Kienzle, ihren eindringlichen Appell an den Stuttgarter Gemeinderat: „Wir reden oft davon, wie wichtig Teilhabe, Nachhaltigkeit und demokratisches Miteinander sind. Doch all das braucht Strukturen, Räume und Menschen, die diese Werte im Alltag leben. Das Forum Hospitalviertel ist genau so eine Struktur – und diese Initiative verdient unsere totale Unterstützung.“

Die Entscheidung über den Zuschuss soll im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2026/27 fallen. Für das Forum Hospitalviertel steht damit viel auf dem Spiel – vielleicht sogar seine Zukunft. Martin Haar

Gemeinsame Sache im Sinne der Demokratie (v.l.): Eberhard Schwarz, Christoph Hölscher (Forum Hospitalviertel), Klaus Volkmer (Stadtplanungsamt), Margarete Müller und Achim Weiler (Forum Hospitalviertel. Foto: Haar

Platz der Demokratie

Gemeinsame Sache im Sinne der Demokratie (v.l.): Eberhard Schwarz, Christoph Hölscher (Forum Hospitalviertel), Klaus Volkmer (Stadtplanungsamt), Margarete Müller und Achim Weiler (Forum Hospitalviertel. Foto: Haar
Gemeinsame Sache im Sinne der Demokratie (v.l.): Eberhard Schwarz, Christoph Hölscher (Forum Hospitalviertel), Klaus Volkmer (Stadtplanungsamt), Margarete Müller und Achim Weiler (Forum Hospitalviertel. Foto: Haar

Demokratie soll im Herzen

der Stadt sichtbar und erlebbar werden

Der Bezirksbeirat Mitte hat sich in einer Sitzung deutlich hinter die Pläne zu einer Neugestaltung des Leuschnerplätzles gestellt. Damit greift der Bezirksbeirat und die Verwaltung die Vorstellungen und Vorarbeiten des Forum Hospitalviertels auf. Denn der Verein arbeitet bereits seit über 15 Jahren an Ideen zur Umsetzung eines Platzes der Demokratie.

 

Ein kleiner Platz mit großer Geschichte: Das
Leuschnerplätzle, versteckt zwischen Fritz-Elsas-Straße und Leuschnerstraße im Hospitalviertel,
soll nach dem Willen des Stadtplanungsamtes, dem Bezirksbeirat Mitte und dem
Forum Hospitalviertel zu einem Ort der gelebten Demokratie werden. Aus dem schwäbischen
Diminutiv Leuschnerplätzle könnte sogar ein starkes Zeichen mit Symbolkraft: Es
könnte im Hopspitalviertel „Der Platz der Demokratie“ entstehen.

Den Anstoß zur Namensgebung gab Klaus Volkmar vom Amt für
Stadtplanung bei einem Lokaltermin am Leuschnerplätzle mit dem Vorstand des
Forums Hospitalviertel. Volkmar regte an, den geschichtsträchtigen Ort, an dem
einst das Rumpfparlament tagte, nicht länger mit einem „-plätzle“ zu
verniedlichen. Das werde der historischen Bedeutung des Ortes nicht gerecht. Die
Idee fand beim Vorstand des Forums sofort Anklang und Unterstützung.

„Dass Bezirksbeirat und Verwaltung dieses Projekt nun mit
uns angehen wollen, erfüllt uns mit großer Freude“, erklärt Eberhard Schwarz,
Vorstandssprecher des Forums: „Noch schöner ist es, dass wir in die Umsetzung
kommen, denn wir arbeiten an dieser Idee seit über 15 Jahren.“ Diese
langjährige Vorarbeit umfasste Kooperationen mit der Universität Stuttgart, dem
Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung (IZKT), dem
Stadtarchiv und politischen Akteuren. Ziel war es stets, den Platz nicht nur
städtebaulich aufzuwerten, sondern ihn auch inhaltlich mit Bedeutung zu füllen.
Ganz nach den Vorbildern des Oppenheimer- oder des Taro-Platzes.

„Eigentlich ist es entscheidend, dass ein Platz mit dieser
Geschichte auch sichtbar als Erinnerungsort gestaltet wird“, betont Pfarrer
Schwarz, „er soll jeder Bürgerin und jedem Bürger dieser Stadt bewusst machen,
wie wichtig ihr Einsatz für eine offene, demokratische Gesellschaft ist.“ Das
Forum schlägt daher vor, an dem künftigen Platz der Demokratie auch eine Art
„Speaker’s Corner“ nach dem Vorbild des Hyde Park in London zu etablieren. Eine
kleine Ecke, an der Menschen ihre Meinung frei äußern und diskutieren können.
„Ein könnte ein Ort sein, an dem politische Meinungen argumentativ
aufeinandertreffen, an dem Schulklassen lernen können, wie Demokratie
funktioniert. Nämlich lebendig, streitbar und respektvoll.“ Darüber hinaus
betont Schwarz die Notwendigkeit, den Platz in ein Netzwerk anderer
erinnerungskultureller Orte Stuttgarts einzubinden: von historischen Stätten
über Bildungsinstitutionen bis hin zu kulturellen Einrichtungen. Auch eine
Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus, dem Institut Français oder Stiftungen mit
bürgerschaftlichem und politischem Fokus sei essenziell, um dem Ort dauerhaft
inhaltliche Tiefe zu geben.

Ein weiterer Vorschlag mit großem Potenzial kamen von
Stadtplaner Volkmer und dem Forum Hospitalviertel: Eine seit Jahren
leerstehende Ladenfläche in der Leuschnerstraße 16 – direkt am Platz gelegen –
könnte künftig als Veranstaltungsort oder Bildungsraum genutzt werden. Die
Fläche gehört der Stadt Stuttgart und wird vom Liegenschaftsamt verwaltet. Für
das Forum Hospitalviertel wäre es ein idealer Ort, um Veranstaltungen,
Workshops oder Ausstellungen zur Demokratiegeschichte Stuttgarts dort zu
verankern.

„Die geplante Umgestaltung des Leuschnerplätzles markiert
mehr als eine städtebauliche Veränderung“, sagt Eberhard Schwarz, „sie ist
Ausdruck eines gewachsenen demokratischen Selbstverständnisses. Ein Ort, der
daran erinnert, woher wir kommen, und zugleich Raum schafft für die Frage,
wohin wir wollen. Ein Platz, der nicht nur gestaltet,
sondern gelebt wird.“

Diese Vorschläge gehen weit über die Beschlüsse des
Bezirksbeirats Mitte hinaus. Der Beirat begrüßt zwar die Richtung der Planungen
von Klaus Volkmer, formulierte jedoch noch Wünsche für eine weitere
Ausarbeitung, die die historische und demokratie-relevante Bedeutung nicht
spiegeln. So ging es in der Diskussion des Rates eher um die Frage, wie der
Platz möglichst vielfältig und inklusiv gestaltet werden könne. Der
Bezirksbeirat regte insbesondere an, das Thema Wasser in Form eines
öffentlichen Trinkbrunnens aufzunehmen. In diesem Zusammenhang empfahl Bezirksvorsteherin
Veronika Kienzle, auch das Tiefbauamt und die Stiftung Stuttgarter Brünnele in
die Planung einzubeziehen.

Ein besonderes Augenmerk lenkte der Rat auch auf die zukünftige
Nutzung des Platzes durch Kinder und Jugendliche. Die Bezirksbeiräte sprachen
sich für die Einrichtung von Freizeitangeboten wie einer Tischtennisplatte,
einer Boccia- oder Boule-Bahn sowie einer Schaukel aus. Eine Skateanlage wurde
hingegen verworfen, da sie zu laut sei. Ein sogenannter Pumptrack für Fahrräder
wäre zwar lärmfrei, erfordere jedoch zu viel Fläche, wie die Experten vom
Stadtplanungsamt mittteilten. Veronika Kienzle wies außerdem darauf hin, dass
eine plakatierbare Litfaßsäule anstelle einer reinen Werbesäule erwünscht sei.
Die Platzgestaltung solle außerdem im engen Austausch mit dem Forum
Hospitalviertel sowie dem Jugendrat Mitte abgestimmt werden, um eine breite
Beteiligung der Stadtgesellschaft sicherzustellen.

 

Genau an dieser Stelle sieht das Forum Hospitalviertel laut
Eberhard Schwarz seine Kompetenz und Erfahrung: „In der Vernetzung aller
Akteure und Gruppen im Sinne eines partizipativen Prozesses.“ 

Der Planentwurf berücksichtigt bereits wesentliche Aspekte der Barrierefreiheit, unter anderem mit einer Blindenleitführung. Auch an die Infrastruktur wurde gedacht: So sollen Müllfahrzeuge weiterhin passieren können, die allgemeine Durchfahrt aber durch Poller beschränkt werden. Für Lastenräder sei am Ende der Fahrradbügel Platz vorgesehen, auch wenn der Raum dadurch knapper werde. Zur Oberflächengestaltung soll ein wasserdurchlässiger Belag dienen, der das überschüssige Wasser in Grünbeete ableitet. Eine Zisterne sei aufgrund des geringen Wasseranfalls nicht vorgesehen.

 

Abschließend appellierte der Bezirksbeirat an die zuständigen Ämter, die weiteren Planungsschritte zügig voranzutreiben. Auch wenn sich das Projekt derzeit noch in einem frühen Ideenskizzen-Stadium befindet, sei der Wunsch nach einer baldigen Realisierung deutlich geworden. 

 

 

Wie und wo wollen wir wohnen?

Wo können wir wohnen?

Beim gesellschaftspolitischen Talk im Renitenztheater am Dienstag, 3. Juni, 20 Uhr, nimmt auch Forum-Vorstand Eberhard Schwarz teil. Zum Festivalstart wird es um zukünftige Wohnkonzepte ebenso gehen, wie um das Konzept des dritten Raums, der sich als soziale Umgebung und „neutraler Ort“ vom Zuhause (1. Raum) und der Arbeitsstätte (2. Raum) unterscheidet. Wo ist unser inneres Zuhause und wie wichtig ist uns diese Verortung? Zu diesen Fragestellungen und vielen mehr diskutieren die Architektin Sigrid Hintersteininger, die Philosophin Amrei Bahr und Pfarrer Eberhard Schwarz mit Renitenz-Intendant Roland Mahr. Musik macht der Gitarrist Flavius Wagner.

 

Besuch aus Linz

Österreichische Gäste erleben Quartiersmanagement

Ein Besuch mit Überraschungen: 18 Gäste aus der Diözese Linz trafen kürzlich im Roten Salon des Hospitalhofs ein, um mehr über das ehrenamtliche Quartiersmanagement des Forums Hospitalviertel zu erfahren. Begrüßt wurden sie von Monika Renninger, der Leiterin des Hospitalhofs, die das Haus vorstellte.

Für kulinarische Einstimmung sorgten Getränke und schwäbische Butterbrezeln – eine echte Neuheit für die österreichischen Besucher, die das regionale Gebäck begeistert annahmen und die verbleibenden Brezeln am Ende ihres Aufenthalts sogar mit nach Hause nahmen.

Im Mittelpunkt des Treffens stand der Austausch über die Arbeit des Vereins Forum Hospitalviertel. Margarete Müller, Achim Weiler und Christoph Hölscher berichteten über die mehr als 20-jährige Geschichte des Vereins, die Vielfalt religiöser und sozialer Einrichtungen im Viertel sowie die besondere Rolle des Forums als Bindeglied zwischen Anwohnern, Institutionen, Verwaltung und Politik.

Die anschließende Diskussionsrunde offenbarte das große Interesse der Gäste an dem engagierten Quartiersmanagement. Viele zeigten sich beeindruckt davon, wie eine ehrenamtlich organisierte Initiative dazu beitragen kann, ein Viertel lebendig und vernetzt zu halten.

Zum Abschluss führte ein gemeinsamer Spaziergang die Besucher durch die Hospitalstraße, deren reiche Geschichte und viele Anekdoten das Bild eines Viertels mit tiefen Wurzeln und einer starken Gemeinschaft abrundeten.

Die Linzer nahmen nicht nur wertvolle Einblicke in die Quartiersarbeit mit, sondern auch eine neue kulinarische Erkenntnis: Brezeln schmecken mit Butter besonders gut.

Besuch im Quartier (v. li.): Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben mit Kollegin Christina Kircher Wintterling und den Forum-Vorständen Margarete Müller, Christoph Hölscher sowie Achim Weiler.

Besuch vom Fuss e.V. im Quartier

"Die Stadt hat kein Gesamtkonzept für den Fußverkehr"

Forum Hospitalviertel kooperiert mit dem Fuss e.V.: Vereine haben viele Schnittmengen und wollen Synergien nutzen. Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben: „Die Stadt kein schlüssiges Gesamtkonzept für den Fußverkehr.“   

Besuch im Quartier (v. li.): Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben mit Kollegin Christina Kircher Wintterling und den Forum-Vorständen Margarete Müller, Christoph Hölscher sowie Achim Weiler.

„Das ist ja fast ein Vorzeigeviertel, das sind ja paradiesische Verhältnisse, ein natürlicher Superblock“, sagte Peter Erben vom Stuttgarter Fuss e.V. bei seinem Besuch des geschäftsführenden Vorstands des Forum Hospitalviertel. Erben war mit seiner Mitstreiterin Christina Kircher-Wintterlin gekommen, um sich mit der Quartiersinitiative im Hospitalviertel zu vernetzen und auszutauschen. Tatsächlich war er beim Besuch hoch erfreut über den Zustand des Hospitalviertels zum Abschluss der Sanierung: „Hier wurde auf die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen, die auf Gehwege angewiesen sind, hervorragend eingegangen.“ Weiter sagte Erben, dass sein Verein nach vielen Jahren harter Arbeit nun endlich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit angenommen und angekommen sei: „Die Leute wissen, dass sie auf uns zählen können. Und sie haben das Gefühl, dass sie von uns ernst genommen werden.“

Forum-Vorstand Eberhard Schwarz, bedankte sich bei Erben für die Blumen sowie den Besuch und formulierte das gegenseitige Interesse nach „Synergien und wechselseitiger Unterstützung“. Man habe das gleiche Ziel, sagte Schwarz: „Wie können wir öffentliche Belange der Bürger in die städtischen Gehörgänge bringen, etwa zum Thema Verkehr und Mobilität in der Innenstadt.“

In dieser Hinsicht beschäftigt sich das Forum Hospitalviertel mit vier Hauptthemen:

Das gesamte Verkehrskonzept ist mit dem Abschluss der Sanierung nicht mehr stimmig und schlüssig. „Wir fragen uns daher, wie wir den Fußverkehr vor allem für die Schüler sicherer machen können“, so Schwarz.

Aber auch das Thema Theodor-Heuss-Straße beschäftigt den Verein immer wieder. Hier bestehe jedoch die Hoffnung, dass die Verkehrssituation mit den Baumaßnahmen 2025 besser und sicherer wird.

„Ein ganz heikler Platz ist auch der Berliner Platz“, sagte Schwarz, „da hier die Schnittmenge vieler Verkehrs- und Mobilitätsformen aufeinandertreffen und immer wieder für gefährliche Situationen sorgen“.

Hinzu komme die Parksituation im Viertel, die durch die vielen Autos mit Doppelkennzeichen aus der Region oft zu Verdruss und Ärger sorgten. Angelehnt an Erbens Zitat mit den „paradiesischen Zuständen“, meinte Forum-Finanzvorstand Klaus Böhringer: „Kommen Sie mal am Wochenende hierher, da werden Sie aus dem Paradies vertrieben. Da finden Sie als Anwohner keinen Parkplatz.“   

All das ist Wasser auf die Mühlen von Peter Erben und seinem Verein. Er bestätigte, dass es bei der Stadt zwar ein Fußgängerkonzept gebe, dies aber „Flickwerk“ sei. Auch weil man sich in den unterschiedlichen Ämtern nicht über das Ziel einig sei, womit die Grundlage für ein schlüssiges Gesamtkonzept fehle. Einig waren sich jedoch alle, dass es im Kessel im Grunde an Platz fehle. Platz, den sich alle Verkehrsteilnehmer teilen müssten.

Christoph Hölscher wandte bei diesem Aspekt ein: „Man kann nicht mehr Platz schaffen in der Stadt, aber es wäre schon hilfreich, wenn sich jeder Verkehrsteilnehmer dort bewege, wo er hingehört.“ Dass in dieser Hinsicht teilweise Wild-West-Situationen entstünden, bestätigte Peter Erben. Es fehle schlicht an Kontrollen, meinte er. „Das Ordnungsamt beklagt in dieser Hinsicht immer wieder, dass es machtlos sei, da es zu wenig Personal habe.“ Es werden auch viel zu viel Fehlverhalten toleriert, ergänzte Kircher Wintterlin. Damit meinte sie die rücksichtslosen Essens-Kurierfahrer in den Fußgängerzonen, die auf gefährliche Weise an Fußgängern vorbeipreschten oder aber die Problematik rund um die E-Scooter. „Hier wären die radfahrenden Polizeistaffeln ein wirksames Mittel, um Ordnung zu schaffen“, meinte Erben, „aber auch davon gibt es zu wenig.“ Man müsse einfach von dem Ordnungsamt und von den Fraktionen mehr Personal einfordern, damit die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung ein starkes Schwert werde. Ansonsten müsste auf lange Sicht, so Erben, das Recht und der Schutz der Fußgänger über die Möglichkeit der Verbandsklagen durchgesetzt werden. So wie die Umwelthilfe von Jürgen Resch immer wieder Erfolge erziele. Christoph Hölscher, ehemaliger Direktor des Amtsgerichtes Ludwigsburg, ist da skeptisch: „Ich glaube die politische Arbeit ist viel wichtiger, es ist schwierig für die Allgemeinheit zu klagen.“ 

Eberhard Schwarz (re./neben Veronika Kienzle) im Rathaus bei der Präsentation des Jahresberichts

Wertschätzung pur vom Bezirksbeirat

"Sie sind eine Blaupause für Quartiersarbeit"

Eberhard Schwarz (re./neben Veronika Kienzle) im Rathaus bei der Präsentation des Jahresberichts

Der Bezirksbeirat Mitte stellt dem Forum Hospitalviertel nach der Präsentation des Jahresberichts 2023 ein exzellentes Zeugnis aus. Erneut flammt der Appell an die Stadt und den Gemeinderat nach einer Verstetigung der Fördermittel auf.

So wie der Bezirksbeirat der Nukleus der Kommunalpolitik ist, so sind es auch die verschiedenen bürgerlichen Initiativen, die dort in aller Regel ihre Herzensprojekte vorstellen. Die Fügung wollte es so, dass neben dem Verein Forum Hospitalviertel eine andere beachtenswerte Initiative ihre Ideen in der Sitzung des Bezirksbeirats Mitte präsentierte: das Projekt „7000 Seeds“ – 7000 Samen. Das Schlagwort der Initiatoren lautet: „Stadt-Vewaldung“ statt lähmender Verwaltung. Dahinter steht das Ansinnen, die Stadt rasch grüner zu machen. Forum-Vorstandssprecher Eberhard Schwarz nahm diesen Steilpass der „7000 Seeds“ gerne auf und meinte bei der Präsentation seines Jahresberichts vor den Bezirksbeiräten und Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne): „Das ist eine gute Sache. Zu dem Saatgut legen wir noch rund 30 Bäume obendrauf, um die Stadt und unser Hospitalviertel grüner zu machen.“  

Für Eberhard Schwarz und das Forum Hospitalviertel sind die Baumaktion, die 2025 starten soll, jedoch mehr als nur Begrünung. Vielmehr sei es die Möglichkeit in diesem kleinen Bereich, durch die Baumpflanzung und deren Hege die Rollen der Bürger, des Stadtklimas sowie ökologische Themen hervorzuheben. „Uns geht es darum, trotz aller Spannungen in der Gesellschaft, die Nachbarschaft und die Begegnungen durch die Pflege zu stärken. Denn wir empfinden als Quartiersinitiative eine Verantwortung für das Zusammenleben“, sagte Schwarz, ehe er die Eck- und Schwerpunkte des Jahresberichts 2023 dem Bezirksbeirat Mitte vorstellte: die Blauen Stühle, das Ethik-Café, die Quartiersführungen, die Satzungsfassung für einen muslimischen Gebetsraum oder die Mitarbeit beim Sozialamt an einem Rahmenplan für soziale Quartiersentwicklung.

Wie in jedem Jahr goutierten die Bezirksbeiräte die Arbeit des Forum Hospitalviertel nicht nur, sie fanden vielmehr überaus wertschätzende Worte. Den Reigen des Lobes nahm Andreas Nikakis, beratendes Mitglied für Migration und Integration, auf: „Sie sind hier immer willkommen – wie ein heller Stern.“ Heinrich Huth verband seine Laudatio mit dem „immergleichen Appell“ an die Stadt und den Gemeinderat mit der Forderung nach einer Verstetigung der Förderung: „Sie machen den Job, den sonst ein Quartiermanager machen müsste. Und der würde viel mehr Geld kosten als die bescheidenen Fördermittel.“ Das Fazit von Huth lautete: „Sie sind und bleiben die Blaupause für Stuttgart in Sachen Quartiersentwicklung und Quartiersarbeit.“

Den krönenden Schlusspunkt in diesem Arbeitszeugnis des Forums Hospitalviertel setzte schließlich Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle: „Das Hospitalviertel ist die Herzkammer des Bezirks Mitte. Hier versammelt sich alles, was gut ist. Dazu gehört auch eine permanente Neuerfindung der Vielfältigkeit im Quartier, die uns als Stadt weiterhilft. Und wenn man über Quartiersentwicklung nachdenkt, was in diesen Zeiten nötiger denn je ist, dann ist das Forum Hospitalviertel ein verdammt gutes Beispiel, wie das gelingen kann.“

Einmal mehr nahm Eberhard Schwarz die ihm zugespielten Bälle auf und zielte erneut ins Schwarze: „Wenn man die von Herrn Huth erwähnte Rechnung bezüglich eines städtischen Quartiersbeauftragten aufmacht, würde man staunen, wie günstig wir arbeiten.“ Wahrscheinlich müsste die Stadt in so einem Fall jährlich etwa das Fünffache an Kosten aufbringen.                           

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster

Landes-Quartierstag

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster
Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster

Auf der Suche nach dem Dritten Raum

Im Juli strömten über 300 Teilnehmer in den Hospitalhof zum 7. Fachtag Quartiersentwicklung unter dem Motto „Auf dem Weg zur krisenfesten Gesellschaft – Welchen Beitrag kann die Quartiersentwicklung leisten?“. Quartiersaktive aus ganz Baden-Württemberg, unter anderen auch das Forum Hospitalviertel, nutzten diese Gelegenheit, um gemeinsam über die Zukunft der Quartiere zu reflektieren. Zusammengefasst: Wie die Quartiersarbeit verschiedener Initiativen und Vereine die vielfältigen Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts beeinflussen?

Eine knappe Antwort lässt sich in der Grußbotschaft des Sozialminister Manne Lucha geben: „Quartiere können einen wesentlichen Beitrag bei der Bewältigung verschiedener gesellschaftlichen Krisen leisten.“ Lucha denkt dabei an alle Formen des Extremismus oder Rassismus. Welche Krisen es auch immer seien, so Lucha: „Wir können sie nur gemeinsam bewältigen.“ Die Schlüsselfunktionen dabei sind laut Lucha: „Teilhabe und Teilgabe – in der Nachbarschaft. „Daher braucht jedes Quartier einen kostenfreien Begegnungsort.“

Das entspricht ziemlich genau der Auffassung von Forum-Vorstand Eberhard Schwarz. Er geht schon lange mit der Idee des so genannten Dritten Ortes schwanger:  Diese Idee stammt ursprünglich von dem US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg. Er prägte den Begriff in den 1980er Jahren in seinem Buch „The Great Good Place“. Der Dritte Ort bezeichnet einen sozialen Treffpunkt außerhalb der eigenen Wohnung (Erster Ort) und der Arbeitsstätte (Zweiter Ort). Es ist ein Raum, in dem Menschen gemeinsam Zeit verbringen, sich austauschen, Beziehungen knüpfen und ein Gefühl der Zugehörigkeit erfahren.

„Für Quartiere in der Stadt ist die Idee des Dritten Raumes von großer Bedeutung“, sagt Eberhard Schwarz: „Diese Orte oder Räume können zu sozialen Knotenpunkten werden, an denen die Bewohner eines Viertels zusammenkommen, sich kennenlernen und Gemeinschaft erleben.“ Dritte Orte können Cafés, Parks, Bibliotheken, Gemeinschaftszentren oder lokale Geschäfte sein, die als offene und einladende Räume fungieren.

Schwarz ist sich sicher: „Indem die Quartiere Dritte Räume schaffen und fördern, tragen sie zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zur Unterstützung von sozialen Beziehungen und zur Bekämpfung von Isolation bei. Diese Räume können die Lebensqualität in Quartieren verbessern, das Gefühl der Nachbarschaftlichkeit fördern und ein Gefühl von Identität und Verbundenheit schaffen. Sie sind somit ein wichtiger Bestandteil einer lebendigen und lebenswerten Stadt.“

In seiner Keynote ging Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster auch darauf ein. In seiner inspirierenden Rede über die Potenziale nachbarschaftlicher Konstellationen als Quelle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, betonte er die Bedeutung von Kompromissen innerhalb der Nachbarschaft – also dort, wo Menschen zusammenleben. Dort steige das gegenseitige Vertrauen, so Kurtenbach und die Bereitschaft, Kompromisse zu einem gelingenden Zusammenleben auszuhandeln. Er glaubt, dass für eine funktionierende Nachbarschaft auch das Spiel der freien Kräfte wichtig ist: „Man darf die Menschen nicht an die Hand nehmen und Dinge vorgeben. Man muss ihnen das Vertrauen geben, eigenverantwortlich Beziehungen aufzubauen.“ Und genau dazu brauche es als Basis Dritte Orte, ergänzt Eberhard Schwarz: „Dort lassen sich dann funktionierende Nachbarschaften aufbauen. Wenn man es schafft, Dritte Ort zu etablieren, können sie dazu beitragen, das soziale Gefüge und die Lebensqualität im Quartier zu stärken.“

 

Ritterschlag durch OB Nopper

OB Nopper lobt die Arbeit des Forum Hospitalviertel

Baubürgermeister Pätzold vermeidet klares Bekenntnis zum Leuschnerplätzle

Das sogenannte Leuschnerplätzle am Berliner Platz ist ein Ort von nationaler Bedeutung. Denn dort wurde vor 175 Jahren die Paulskirchenversammlung aufgelöst. Damit war dieser Platz der letzte Ort des Frankfurter Rumpfparlaments im Jahr 1849, bevor es aufgelöst wurde. Inzwischen hat das Projekt Leuschnerplatz selbst eine längere Geschichte hinter sich.  Er sollte exemplarisch für die weitere Entwicklung von Orten der Demokratiegeschichte in Stuttgart stehen und so identitätsstiftend über den lokalen Raum hinauswirken. Die weitere Entwicklung ist offen. Daher bemühte sich das Forum Hospitalviertel zuletzt bei der Einwohnerversammlung des Bezirks Mitte darum, eine passende Lösung zur Neugestaltung des Platzes und zur Erinnerung an die Historie gemeinsam mit der Stadt zu finden.

„Wir würden Ihnen gerne die Hand reichen und als Quartiersinitiative diesen Platz mitgestalten. Wir signalisieren der Stadt: Helfen sie uns diesen Platz zu entwickeln“, sagte Forum-Vorstand Eberhard Schwarz zu OB Frank Nopper (CDU) und der versammelten Bürgermeisterriege im großen Sitzungssaal des Rathauses anlässlich der Einwohnerversammlung des Stadtbezirks Mitte.

OB Frank Nopper reagierte, spontan mit einem euphorischen „Jawohl“ und übergab schließlich Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) das Wort für eine dezidierte Stellungnahme. Doch Pätzold sagte lediglich: „Da ist ja auch ein Schreiben von ihnen eingegangen. Und das ist ja schon länger ein Thema.“ Ende des Vortrags. Alle, die gehofft hatten, er gehe nun konkret auf die Bitte von Eberhard Schwarz ein, wurde maßlos enttäuscht. Ungläubig blickten sich die Einwohner des Stadtbezirks Mitte an und fragten sich: Was ist das denn für eine Antwort?

Wie auch immer: Das Forum Hospitalviertel lässt trotz der unbefriedigenden Antwort nicht locker und weiß sich der Unterstützung von Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle und dem Bezirksbeirat Mitte gewiss. Zudem hofft das Forum auf den Oberbürgermeister. Denn dieser hat sich in der Einwohnerversammlung sehr wertschätzend zur 25-jährigen Arbeit des Forum geäußert: „Ein echtes Musterbeispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Kommunalpolitik und Bürgerbeteiligung ist die Entwicklung des Hospitalviertels. Nachdem die Verwaltung das Viertel als Sanierungsgebiet auswies, haben Anwohner, Gewerbetreibende, Kulturschaffende und der Verein Forum Hospitalviertel das Gebiet zwischen Schloss-, Fritz-Elsas- und Theodor-Heuss-Straße gemeinsam in ein durchmischtes, lebendiges und familienfreundliches Innenstadtquartier umgewandelt. Heute gibt es dort weniger Verkehr und Büros und dafür viel mehr Wohnraum, Baumpflanzungen und Freiflächen.“

Demokratie-Projekt

Forum ist Partner eines universitären Demokratie-Projektes  

Leuschnerplätzle rückt ins Bewusstsein

Das Forum Hospitalviertel ist Kooperationspartner des universitären Projektes „Zukünftige Freiheiten. Reportagen aus der postkarbonen Gesellschaft des Jahres 2049“ unter der Federführung von Dr. Elke Uhl (Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung – IZKT). Bei dem Projekt wird diskutiert, wie sich der Freiheitsbegriff transformieren könnte und welche Auswirkungen dies auf unsere Gesellschaft haben könnte. Das Projekt beinhaltet die Produktion von spekulativen Dokumentarfilmen, die verschiedene Aspekte der zukünftigen Freiheit beleuchten. Studierende aus verschiedenen Hochschulen werden in einem transdisziplinären Ansatz zusammenarbeiten und mit den Bewohnern des multikulturellen Hospitalviertels in einen Dialog treten. Das Ziel ist es, die Debatte über die Zukunft der Freiheit zu konkretisieren und aus ideologischen Argumentationsmustern auszubrechen. Die Bürgerinnen und Bürger des Quartiers werden aktiv in den Prozess einbezogen und zu den öffentlichen Veranstaltungen eingeladen.

Das Projekt untersucht vor allem die vielfältigen Debatten um den Freiheitsbegriff und dessen Zukunftsfähigkeit bis zum 100. Geburtstag des Grundgesetzes im Jahr 2049. Dabei sollen Bürger, Wissenschaftler und Studierende in einen kreativen Austauschprozess eingebunden werden. Das Projekt besteht aus drei Modulen: transdisziplinäres Lehrprojekt zur Filmproduktion, Dialog mit Bürgern des Hospitalviertels in Stuttgart und Einrichtung einer temporären Freiheitswerkstatt als Begegnungsraum im „Atelier Leuschnerplätzle“.

Gerade das Leuchschnerplätzle liegt dem Forum Hospitalviertel besonders am Herzen. Denn die Leuschnerstraße mit dem sogenannten Leuschnerplätzle im Hospitalviertel gehört zu den weniger attraktiven Orten in der Stuttgarter City. Aber der Schein trügt: an der Ecke Fritz-Elsas-Straße/ Leuschnerstraße endete mit der Auflösung des nach Stuttgart geflohenen „Frankfurter Rumpfparlaments“ im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Kapitel nationaler Demokratiegeschichte.

Nicht zuletzt deshalb entstand bereits 2014 die Idee, diesen Ort der Demokratie sichtbar zu machen. Dies könnte nun durch das IZKT-Projekt teilweise gelingen. Alte Fragen von damals können nun neu (in Interviews) gestellt werden: Wie könnte die Erinnerung an das Ereignis adäquat und gestalterisch dargestellt werden? Wer sollte sich darüber Gedanken machen? Und kann man die Geschichte des Stuttgarter „Rumpfparlaments“ an nur einem Ort erzählen, es hat ja an verschiedenen Orten getagt, bis es gewaltsam aufgelöst wurde?

Ob das gelingt, wird sich zeigen. Sicher ist indes eines: Die Filmteams greifen beim Projekt auf Ergebnisse zurück, die im Dialog mit Menschen, die oftmals nur wenig Berührungspunkte mit Wissenschaft hatten und die in einem multikulturellen Quartier – dem Hospitalviertel – leben, erarbeitet wurden. Die Einwohner des Quartiers weisen ca. 70 unterschiedliche Nationalitäten auf, 56 Prozent sind Deutsche, der Anteil der Arbeitslosen und auf Grundsicherungsleistungen Angewiesenen bei Einwohnern unter

65 Jahren liegt mehr als das Doppelte über dem Stuttgarter Mittel. Das stellt Herausforderungen an die Wissenschaftskommunikation unseres Themas, denen mit der co-kreativen Produktion und Reflexion spekulativer Dokumentarfilme begegnet wird. Um die Bewohner des Hospitalviertels in den Prozess der Konzipierung und ggf. Durchführung der Filmarbeiten einzubeziehen, wird -wie gesagt – ein temporärer Begegnungsort geschaffen: das „Atelier Leuschnerplätzle“.

Das Forum Hospitalviertel hat in diesem Projekt vor allem die Rolle des Netzwerkers. Wir werden den Machern Türen öffnen und Verbindungen schaffen. Auch zu Menschen im Quartier, die sich als Zeitzeugen an den Interviews und Filmen beteiligen wollen. Aber die Bürger des Hospitalviertels werden nicht nur in die Filmarbeit eingebunden, sondern auch zu den öffentlichen Aufführungen und Diskussionen eingeladen. Es ist zwar noch nicht spruchreif, aber tatsächlich plant das Forum Hospitalviertel parallel zum Projekt ein kleines Symposium zum Thema Demokratie. Mehr dazu und zu allen Neuigkeiten erfahren Sie hier auf unserer Web-Site, auf unserem Newsletter (Anmeldung unter https://forum-hospitalviertel.de/kontakt/) und natürlich unseren Social Media Kanälen auf Facebook und Instagram: Forum Hospitalviertel e.V. (@forum_hospitalviertel) • Instagram-Fotos und -Videos  

Lokal-Termin

Polizei froh über den Dialog mit Bürgern

Der  Lokaltermin des Forum Hospitalviertel mit Vertretern der Polizei und Bürgern aus dem Quartier
hilft beiden Seiten. Für Meldungen aus der Bürgerschaft ist die Polizei stets
dankbar: „Wir wollen immer ansprechbar sein. Rufen Sie an, wenn Ihnen etwas
auffällt!“  

Sicherheit ist (k)eine Gefühlssache. Oder? „Es gibt das
Gefühl, dass sich das Konfliktpotential in der Gesellschaft erhöht hat. Wir
alle sind vorsichtiger und ängstlicher geworden“, sagte Eberhard Schwarz,
Vorstand des Vereins Forum Hospitalviertel zur Begrüßung der Veranstaltung
„Sicherheit im Quartier“ in den Räumen des CVJM. Damit sprach Schwarz den
meisten der rund 25 Teilnehmer des Lokaltermins mit zwei Vertretern der Polizei
aus dem Herzen.

 Doch bei diesem Thema helfen letztlich nur Fakten. Die Zahl
der Delikte, die von der Polizei verfolgt werden, geben im Vergleich der Jahre
meist eine gute Einschätzung über die Sicherheitslage in der Stadt oder einem
Quartier. Mit diesen Zahlen, der sogenannten Kriminalitätsstatistik der
Polizei, lassen sich verlässliche Aussagen über die Lage machen. Allein mit dienen
Zahlen konnten Christopher Dirscherl, Leiter des Bezirksermittlungsdienstes, und
seine Kollegin Ute Jentzsch vom Referat Prävention nicht diesen. Die Zahlen für
das Jahr 2023 werden naturgemäß erst im darauffolgenden Jahr veröffentlicht. Eines
konnte der stellvertretende Leiter des Innenstadtstadtreviers jedoch schon
jetzt sagen: „Im Jahr 2018 gab es mehr Straftaten als jetzt.“

Weil Dirscherl ein alter Hase in seinem Metier ist, weiß er
genau, was er mit solchen Aussagen auslöst. Nämlich Staunen. Denn das
subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger korreliert nicht mit der objektiven
Lage. Das mag auch der anwachsenden Informationsflut in den sozialen Medien
sowie der Boulevardisierung der Stuttgarter Tagespresse liegen. Das mediale
Geschäft mit dem Verbrechen zeigt also Wirkung bei den Menschen. Die Stadt und
ihre Bezirke werden zunehmend als unsicher und in den Abendstunden als
bedrohlich empfunden. Doch Christopher Dirscherl hält dagegen: „Auch wenn es
einen leichten Anstieg der Fälle gäbe, ist er nicht bedrohlich.“

Überdies gibt Christopher Dirscherl zu bedenken, dass die
Lage in der Innenstadt an Freitagen und Samstagen natürlich nicht zur
Verallgemeinerung diene. „Da ist Remmidemmi, da prägt die Eventszene mit viel
Publikum die Stadt. Und je mehr Leute da sind, desto mehr Kriminalität ist
möglich.“
  Doch auch hier stellt der
Polizeibeamte klar: Die Ordnungsmacht ist präsent. Ob in Uniform oder in Zivil.
Auch die Poserszene habe man im Blick. „Durch unsere Maßnahmen sind die Poser vorsichtig
geworden. Wenn die mit einem Auto kommen, das nicht zulässig ist, müssen sie
damit rechnen, dass wir es aus dem Verkehr ziehen.“

Obwohl Christopher Dirscherl mit dieser Rede und seinem
selbstsicheren Auftreten Eindruck machte, bleiben freilich dunkle Flecken in
der Stadt. Im Wortsinn und im übertragenen Sinn. Die Polizei kann nicht überall
gleichzeitig sein. Das weiß auch der erfahrene Beamte. Daher appellierte er an
die rund 40 Teilnehmer aus dem Quartier, sich selbst die Frage zu stellen: „Wo
haben wir dunkle Ecken? Und wie können wir die heller machen?“ Auch für
Vorschläge aus der Bürgerschaft sei man dankbar: „Wir wollen immer ansprechbar
sein.“

In diesem Satz liegt die Kernbotschaft von Christopher
Dirscherl, die er für diesen Abend mitbrachte: „Rufen Sie an, wenn Ihnen etwas
auffällt.“ Damit will der Beamte der Furcht entgegentreten, dass man der
Polizei nur in Notfällen anrufen dürfe: „Rufen Sie lieber eher an, als gar
nicht. Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig! Man muss sich keine Gedanken
machen, dass der Einsatz in Rechnung gestellt wird.“ In Notfällen empfiehlt er
die
110 zu wählen, für Fälle im
Quartier sei es auch möglich, das Revier direkt unter folgender Nummer zu
kontaktieren:
07 11/89 90 31 00. Die
Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle (Einbruchschutz etc.) ist unter
07 11/89 90 12 30 zu erreichen.

Für den Wirt des „La Commedia“, Piero Cuna, ist das eine
gute Nachricht. Bisher hat er sich mutig selbst in Gefahr begeben, wenn dunkle
Gestalten sein Lokal ausspähten. Davon oder anderen Aktionen, die einen in
Gefahr bringen könnten, raten Jentzsch und Dirscherl ab. „Das ist unsere
Aufgabe. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir im Dialog bleiben.“ Sowohl die
beiden Beamten als auch die Teilnehmer der Veranstaltung begrüßten daher, dass
das Forum Hospitalviertel sich um diesen Dialog zwischen Bürger und Polizei
verdient gemacht habe.

In diesem Sinne soll es nun auch weitergehen. Nicht nur mit
weiteren Veranstaltungen des Forum Hospitalviertel, auch mit dem aktiven Dialog
zur Polizei und dem Ordnungsamt der Stadt Stuttgart. Denn bei vielen Problemen
im Quartier sind Polizei oder Polizeibehörde auf die Zusammenarbeit mit
Bürgerschaft angewiesen. Ganz gleich, ob es sich um Themen der Sauberkeit und
Sicherheit oder des Straßenverkehrs handelt. Oft fehlt den Ordnungshütern
schlicht die Information über Missstände oder Probleme.

So zeigte sich Christopher Dirscherl gleichermaßen dankbar
und überrascht, als die Teilnehmer ihn auf die permanenten Verstöße gegen die
Einbahnstraßenregelung („Das wird grundsätzlich ignoriert“) in Kenntnis
setzten. „Wir schauen und das an“, versprach Dirscherl, „wir nehmen das sehr
ernst.“ Natürlich wissen die Bürger und Teilnehmer des Abends, dass diese
Absichtserklärung von Christopher Dirscherl nicht alle Probleme auf einen
Schlag löst. Aber das Versprechen, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen, ließ
alle Teilnehmer mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Und gerade beim Thema
Sicherheit ist das Gefühl bekanntermaßen eine nicht zu unterschätzende Größe. 

                                              *

Zum Thema SicherheitsgefühlVor Kurzem erhielten 50 000 Stuttgarter die Einladung,
an einer Sicherheitsstudie teilzunehmen. Diese  Untersuchung fokussiert sich
als erste ihrer Art exklusiv auf das Sicherheitsgefühl und erfasst nicht nur
Gesamtdaten für die Stadt, sondern auch auf Bezirksebene.
Die Teilnehmer wurden zufällig ausgewählt, wobei demografische Daten
und Wohnorte berücksichtigt wurden. 
Eine weitere Innovation liegt
in der
Anwendung der Methodik des Instituts für Kriminologie der
Uni Heidelberg und
des Instituts für Kriminologische
Forschung Baden-Württemberg, was einen
Vergleich mit anderen Kommunen ermöglicht.
Die Studie berücksichtigt nicht nur statistische Werte,
sondern legt auch Wert auf das subjektive Sicherheitsempfinden
der Bürger. Die Stadt ist daran interessiert, die Einschätzungen
der Menschen zu verstehen, da Orte, an denen Ängste existieren,
oft gemieden werden, was wiederum das Unsicherheitsgefühl verstärken kann.