Besuch im Quartier (v. li.): Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben mit Kollegin Christina Kircher Wintterling und den Forum-Vorständen Margarete Müller, Christoph Hölscher sowie Achim Weiler.

Besuch vom Fuss e.V. im Quartier

"Die Stadt hat kein Gesamtkonzept für den Fußverkehr"

Forum Hospitalviertel kooperiert mit dem Fuss e.V.: Vereine haben viele Schnittmengen und wollen Synergien nutzen. Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben: „Die Stadt kein schlüssiges Gesamtkonzept für den Fußverkehr.“   

Besuch im Quartier (v. li.): Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben mit Kollegin Christina Kircher Wintterling und den Forum-Vorständen Margarete Müller, Christoph Hölscher sowie Achim Weiler.

„Das ist ja fast ein Vorzeigeviertel, das sind ja paradiesische Verhältnisse, ein natürlicher Superblock“, sagte Peter Erben vom Stuttgarter Fuss e.V. bei seinem Besuch des geschäftsführenden Vorstands des Forum Hospitalviertel. Erben war mit seiner Mitstreiterin Christina Kircher-Wintterlin gekommen, um sich mit der Quartiersinitiative im Hospitalviertel zu vernetzen und auszutauschen. Tatsächlich war er beim Besuch hoch erfreut über den Zustand des Hospitalviertels zum Abschluss der Sanierung: „Hier wurde auf die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen, die auf Gehwege angewiesen sind, hervorragend eingegangen.“ Weiter sagte Erben, dass sein Verein nach vielen Jahren harter Arbeit nun endlich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit angenommen und angekommen sei: „Die Leute wissen, dass sie auf uns zählen können. Und sie haben das Gefühl, dass sie von uns ernst genommen werden.“

Forum-Vorstand Eberhard Schwarz, bedankte sich bei Erben für die Blumen sowie den Besuch und formulierte das gegenseitige Interesse nach „Synergien und wechselseitiger Unterstützung“. Man habe das gleiche Ziel, sagte Schwarz: „Wie können wir öffentliche Belange der Bürger in die städtischen Gehörgänge bringen, etwa zum Thema Verkehr und Mobilität in der Innenstadt.“

In dieser Hinsicht beschäftigt sich das Forum Hospitalviertel mit vier Hauptthemen:

Das gesamte Verkehrskonzept ist mit dem Abschluss der Sanierung nicht mehr stimmig und schlüssig. „Wir fragen uns daher, wie wir den Fußverkehr vor allem für die Schüler sicherer machen können“, so Schwarz.

Aber auch das Thema Theodor-Heuss-Straße beschäftigt den Verein immer wieder. Hier bestehe jedoch die Hoffnung, dass die Verkehrssituation mit den Baumaßnahmen 2025 besser und sicherer wird.

„Ein ganz heikler Platz ist auch der Berliner Platz“, sagte Schwarz, „da hier die Schnittmenge vieler Verkehrs- und Mobilitätsformen aufeinandertreffen und immer wieder für gefährliche Situationen sorgen“.

Hinzu komme die Parksituation im Viertel, die durch die vielen Autos mit Doppelkennzeichen aus der Region oft zu Verdruss und Ärger sorgten. Angelehnt an Erbens Zitat mit den „paradiesischen Zuständen“, meinte Forum-Finanzvorstand Klaus Böhringer: „Kommen Sie mal am Wochenende hierher, da werden Sie aus dem Paradies vertrieben. Da finden Sie als Anwohner keinen Parkplatz.“   

All das ist Wasser auf die Mühlen von Peter Erben und seinem Verein. Er bestätigte, dass es bei der Stadt zwar ein Fußgängerkonzept gebe, dies aber „Flickwerk“ sei. Auch weil man sich in den unterschiedlichen Ämtern nicht über das Ziel einig sei, womit die Grundlage für ein schlüssiges Gesamtkonzept fehle. Einig waren sich jedoch alle, dass es im Kessel im Grunde an Platz fehle. Platz, den sich alle Verkehrsteilnehmer teilen müssten.

Christoph Hölscher wandte bei diesem Aspekt ein: „Man kann nicht mehr Platz schaffen in der Stadt, aber es wäre schon hilfreich, wenn sich jeder Verkehrsteilnehmer dort bewege, wo er hingehört.“ Dass in dieser Hinsicht teilweise Wild-West-Situationen entstünden, bestätigte Peter Erben. Es fehle schlicht an Kontrollen, meinte er. „Das Ordnungsamt beklagt in dieser Hinsicht immer wieder, dass es machtlos sei, da es zu wenig Personal habe.“ Es werden auch viel zu viel Fehlverhalten toleriert, ergänzte Kircher Wintterlin. Damit meinte sie die rücksichtslosen Essens-Kurierfahrer in den Fußgängerzonen, die auf gefährliche Weise an Fußgängern vorbeipreschten oder aber die Problematik rund um die E-Scooter. „Hier wären die radfahrenden Polizeistaffeln ein wirksames Mittel, um Ordnung zu schaffen“, meinte Erben, „aber auch davon gibt es zu wenig.“ Man müsse einfach von dem Ordnungsamt und von den Fraktionen mehr Personal einfordern, damit die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung ein starkes Schwert werde. Ansonsten müsste auf lange Sicht, so Erben, das Recht und der Schutz der Fußgänger über die Möglichkeit der Verbandsklagen durchgesetzt werden. So wie die Umwelthilfe von Jürgen Resch immer wieder Erfolge erziele. Christoph Hölscher, ehemaliger Direktor des Amtsgerichtes Ludwigsburg, ist da skeptisch: „Ich glaube die politische Arbeit ist viel wichtiger, es ist schwierig für die Allgemeinheit zu klagen.“ 

Eberhard Schwarz (re./neben Veronika Kienzle) im Rathaus bei der Präsentation des Jahresberichts

Wertschätzung pur vom Bezirksbeirat

"Sie sind eine Blaupause für Quartiersarbeit"

Eberhard Schwarz (re./neben Veronika Kienzle) im Rathaus bei der Präsentation des Jahresberichts

Der Bezirksbeirat Mitte stellt dem Forum Hospitalviertel nach der Präsentation des Jahresberichts 2023 ein exzellentes Zeugnis aus. Erneut flammt der Appell an die Stadt und den Gemeinderat nach einer Verstetigung der Fördermittel auf.

So wie der Bezirksbeirat der Nukleus der Kommunalpolitik ist, so sind es auch die verschiedenen bürgerlichen Initiativen, die dort in aller Regel ihre Herzensprojekte vorstellen. Die Fügung wollte es so, dass neben dem Verein Forum Hospitalviertel eine andere beachtenswerte Initiative ihre Ideen in der Sitzung des Bezirksbeirats Mitte präsentierte: das Projekt „7000 Seeds“ – 7000 Samen. Das Schlagwort der Initiatoren lautet: „Stadt-Vewaldung“ statt lähmender Verwaltung. Dahinter steht das Ansinnen, die Stadt rasch grüner zu machen. Forum-Vorstandssprecher Eberhard Schwarz nahm diesen Steilpass der „7000 Seeds“ gerne auf und meinte bei der Präsentation seines Jahresberichts vor den Bezirksbeiräten und Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne): „Das ist eine gute Sache. Zu dem Saatgut legen wir noch rund 30 Bäume obendrauf, um die Stadt und unser Hospitalviertel grüner zu machen.“  

Für Eberhard Schwarz und das Forum Hospitalviertel sind die Baumaktion, die 2025 starten soll, jedoch mehr als nur Begrünung. Vielmehr sei es die Möglichkeit in diesem kleinen Bereich, durch die Baumpflanzung und deren Hege die Rollen der Bürger, des Stadtklimas sowie ökologische Themen hervorzuheben. „Uns geht es darum, trotz aller Spannungen in der Gesellschaft, die Nachbarschaft und die Begegnungen durch die Pflege zu stärken. Denn wir empfinden als Quartiersinitiative eine Verantwortung für das Zusammenleben“, sagte Schwarz, ehe er die Eck- und Schwerpunkte des Jahresberichts 2023 dem Bezirksbeirat Mitte vorstellte: die Blauen Stühle, das Ethik-Café, die Quartiersführungen, die Satzungsfassung für einen muslimischen Gebetsraum oder die Mitarbeit beim Sozialamt an einem Rahmenplan für soziale Quartiersentwicklung.

Wie in jedem Jahr goutierten die Bezirksbeiräte die Arbeit des Forum Hospitalviertel nicht nur, sie fanden vielmehr überaus wertschätzende Worte. Den Reigen des Lobes nahm Andreas Nikakis, beratendes Mitglied für Migration und Integration, auf: „Sie sind hier immer willkommen – wie ein heller Stern.“ Heinrich Huth verband seine Laudatio mit dem „immergleichen Appell“ an die Stadt und den Gemeinderat mit der Forderung nach einer Verstetigung der Förderung: „Sie machen den Job, den sonst ein Quartiermanager machen müsste. Und der würde viel mehr Geld kosten als die bescheidenen Fördermittel.“ Das Fazit von Huth lautete: „Sie sind und bleiben die Blaupause für Stuttgart in Sachen Quartiersentwicklung und Quartiersarbeit.“

Den krönenden Schlusspunkt in diesem Arbeitszeugnis des Forums Hospitalviertel setzte schließlich Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle: „Das Hospitalviertel ist die Herzkammer des Bezirks Mitte. Hier versammelt sich alles, was gut ist. Dazu gehört auch eine permanente Neuerfindung der Vielfältigkeit im Quartier, die uns als Stadt weiterhilft. Und wenn man über Quartiersentwicklung nachdenkt, was in diesen Zeiten nötiger denn je ist, dann ist das Forum Hospitalviertel ein verdammt gutes Beispiel, wie das gelingen kann.“

Einmal mehr nahm Eberhard Schwarz die ihm zugespielten Bälle auf und zielte erneut ins Schwarze: „Wenn man die von Herrn Huth erwähnte Rechnung bezüglich eines städtischen Quartiersbeauftragten aufmacht, würde man staunen, wie günstig wir arbeiten.“ Wahrscheinlich müsste die Stadt in so einem Fall jährlich etwa das Fünffache an Kosten aufbringen.                           

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster

Landes-Quartierstag

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster
Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster

Auf der Suche nach dem Dritten Raum

Im Juli strömten über 300 Teilnehmer in den Hospitalhof zum 7. Fachtag Quartiersentwicklung unter dem Motto „Auf dem Weg zur krisenfesten Gesellschaft – Welchen Beitrag kann die Quartiersentwicklung leisten?“. Quartiersaktive aus ganz Baden-Württemberg, unter anderen auch das Forum Hospitalviertel, nutzten diese Gelegenheit, um gemeinsam über die Zukunft der Quartiere zu reflektieren. Zusammengefasst: Wie die Quartiersarbeit verschiedener Initiativen und Vereine die vielfältigen Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts beeinflussen?

Eine knappe Antwort lässt sich in der Grußbotschaft des Sozialminister Manne Lucha geben: „Quartiere können einen wesentlichen Beitrag bei der Bewältigung verschiedener gesellschaftlichen Krisen leisten.“ Lucha denkt dabei an alle Formen des Extremismus oder Rassismus. Welche Krisen es auch immer seien, so Lucha: „Wir können sie nur gemeinsam bewältigen.“ Die Schlüsselfunktionen dabei sind laut Lucha: „Teilhabe und Teilgabe – in der Nachbarschaft. „Daher braucht jedes Quartier einen kostenfreien Begegnungsort.“

Das entspricht ziemlich genau der Auffassung von Forum-Vorstand Eberhard Schwarz. Er geht schon lange mit der Idee des so genannten Dritten Ortes schwanger:  Diese Idee stammt ursprünglich von dem US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg. Er prägte den Begriff in den 1980er Jahren in seinem Buch „The Great Good Place“. Der Dritte Ort bezeichnet einen sozialen Treffpunkt außerhalb der eigenen Wohnung (Erster Ort) und der Arbeitsstätte (Zweiter Ort). Es ist ein Raum, in dem Menschen gemeinsam Zeit verbringen, sich austauschen, Beziehungen knüpfen und ein Gefühl der Zugehörigkeit erfahren.

„Für Quartiere in der Stadt ist die Idee des Dritten Raumes von großer Bedeutung“, sagt Eberhard Schwarz: „Diese Orte oder Räume können zu sozialen Knotenpunkten werden, an denen die Bewohner eines Viertels zusammenkommen, sich kennenlernen und Gemeinschaft erleben.“ Dritte Orte können Cafés, Parks, Bibliotheken, Gemeinschaftszentren oder lokale Geschäfte sein, die als offene und einladende Räume fungieren.

Schwarz ist sich sicher: „Indem die Quartiere Dritte Räume schaffen und fördern, tragen sie zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zur Unterstützung von sozialen Beziehungen und zur Bekämpfung von Isolation bei. Diese Räume können die Lebensqualität in Quartieren verbessern, das Gefühl der Nachbarschaftlichkeit fördern und ein Gefühl von Identität und Verbundenheit schaffen. Sie sind somit ein wichtiger Bestandteil einer lebendigen und lebenswerten Stadt.“

In seiner Keynote ging Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster auch darauf ein. In seiner inspirierenden Rede über die Potenziale nachbarschaftlicher Konstellationen als Quelle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, betonte er die Bedeutung von Kompromissen innerhalb der Nachbarschaft – also dort, wo Menschen zusammenleben. Dort steige das gegenseitige Vertrauen, so Kurtenbach und die Bereitschaft, Kompromisse zu einem gelingenden Zusammenleben auszuhandeln. Er glaubt, dass für eine funktionierende Nachbarschaft auch das Spiel der freien Kräfte wichtig ist: „Man darf die Menschen nicht an die Hand nehmen und Dinge vorgeben. Man muss ihnen das Vertrauen geben, eigenverantwortlich Beziehungen aufzubauen.“ Und genau dazu brauche es als Basis Dritte Orte, ergänzt Eberhard Schwarz: „Dort lassen sich dann funktionierende Nachbarschaften aufbauen. Wenn man es schafft, Dritte Ort zu etablieren, können sie dazu beitragen, das soziale Gefüge und die Lebensqualität im Quartier zu stärken.“

 

Ritterschlag durch OB Nopper

OB Nopper lobt die Arbeit des Forum Hospitalviertel

Baubürgermeister Pätzold vermeidet klares Bekenntnis zum Leuschnerplätzle

Das sogenannte Leuschnerplätzle am Berliner Platz ist ein Ort von nationaler Bedeutung. Denn dort wurde vor 175 Jahren die Paulskirchenversammlung aufgelöst. Damit war dieser Platz der letzte Ort des Frankfurter Rumpfparlaments im Jahr 1849, bevor es aufgelöst wurde. Inzwischen hat das Projekt Leuschnerplatz selbst eine längere Geschichte hinter sich.  Er sollte exemplarisch für die weitere Entwicklung von Orten der Demokratiegeschichte in Stuttgart stehen und so identitätsstiftend über den lokalen Raum hinauswirken. Die weitere Entwicklung ist offen. Daher bemühte sich das Forum Hospitalviertel zuletzt bei der Einwohnerversammlung des Bezirks Mitte darum, eine passende Lösung zur Neugestaltung des Platzes und zur Erinnerung an die Historie gemeinsam mit der Stadt zu finden.

„Wir würden Ihnen gerne die Hand reichen und als Quartiersinitiative diesen Platz mitgestalten. Wir signalisieren der Stadt: Helfen sie uns diesen Platz zu entwickeln“, sagte Forum-Vorstand Eberhard Schwarz zu OB Frank Nopper (CDU) und der versammelten Bürgermeisterriege im großen Sitzungssaal des Rathauses anlässlich der Einwohnerversammlung des Stadtbezirks Mitte.

OB Frank Nopper reagierte, spontan mit einem euphorischen „Jawohl“ und übergab schließlich Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) das Wort für eine dezidierte Stellungnahme. Doch Pätzold sagte lediglich: „Da ist ja auch ein Schreiben von ihnen eingegangen. Und das ist ja schon länger ein Thema.“ Ende des Vortrags. Alle, die gehofft hatten, er gehe nun konkret auf die Bitte von Eberhard Schwarz ein, wurde maßlos enttäuscht. Ungläubig blickten sich die Einwohner des Stadtbezirks Mitte an und fragten sich: Was ist das denn für eine Antwort?

Wie auch immer: Das Forum Hospitalviertel lässt trotz der unbefriedigenden Antwort nicht locker und weiß sich der Unterstützung von Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle und dem Bezirksbeirat Mitte gewiss. Zudem hofft das Forum auf den Oberbürgermeister. Denn dieser hat sich in der Einwohnerversammlung sehr wertschätzend zur 25-jährigen Arbeit des Forum geäußert: „Ein echtes Musterbeispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Kommunalpolitik und Bürgerbeteiligung ist die Entwicklung des Hospitalviertels. Nachdem die Verwaltung das Viertel als Sanierungsgebiet auswies, haben Anwohner, Gewerbetreibende, Kulturschaffende und der Verein Forum Hospitalviertel das Gebiet zwischen Schloss-, Fritz-Elsas- und Theodor-Heuss-Straße gemeinsam in ein durchmischtes, lebendiges und familienfreundliches Innenstadtquartier umgewandelt. Heute gibt es dort weniger Verkehr und Büros und dafür viel mehr Wohnraum, Baumpflanzungen und Freiflächen.“

Demokratie-Projekt

Forum ist Partner eines universitären Demokratie-Projektes  

Leuschnerplätzle rückt ins Bewusstsein

Das Forum Hospitalviertel ist Kooperationspartner des universitären Projektes „Zukünftige Freiheiten. Reportagen aus der postkarbonen Gesellschaft des Jahres 2049“ unter der Federführung von Dr. Elke Uhl (Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung – IZKT). Bei dem Projekt wird diskutiert, wie sich der Freiheitsbegriff transformieren könnte und welche Auswirkungen dies auf unsere Gesellschaft haben könnte. Das Projekt beinhaltet die Produktion von spekulativen Dokumentarfilmen, die verschiedene Aspekte der zukünftigen Freiheit beleuchten. Studierende aus verschiedenen Hochschulen werden in einem transdisziplinären Ansatz zusammenarbeiten und mit den Bewohnern des multikulturellen Hospitalviertels in einen Dialog treten. Das Ziel ist es, die Debatte über die Zukunft der Freiheit zu konkretisieren und aus ideologischen Argumentationsmustern auszubrechen. Die Bürgerinnen und Bürger des Quartiers werden aktiv in den Prozess einbezogen und zu den öffentlichen Veranstaltungen eingeladen.

Das Projekt untersucht vor allem die vielfältigen Debatten um den Freiheitsbegriff und dessen Zukunftsfähigkeit bis zum 100. Geburtstag des Grundgesetzes im Jahr 2049. Dabei sollen Bürger, Wissenschaftler und Studierende in einen kreativen Austauschprozess eingebunden werden. Das Projekt besteht aus drei Modulen: transdisziplinäres Lehrprojekt zur Filmproduktion, Dialog mit Bürgern des Hospitalviertels in Stuttgart und Einrichtung einer temporären Freiheitswerkstatt als Begegnungsraum im „Atelier Leuschnerplätzle“.

Gerade das Leuchschnerplätzle liegt dem Forum Hospitalviertel besonders am Herzen. Denn die Leuschnerstraße mit dem sogenannten Leuschnerplätzle im Hospitalviertel gehört zu den weniger attraktiven Orten in der Stuttgarter City. Aber der Schein trügt: an der Ecke Fritz-Elsas-Straße/ Leuschnerstraße endete mit der Auflösung des nach Stuttgart geflohenen „Frankfurter Rumpfparlaments“ im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Kapitel nationaler Demokratiegeschichte.

Nicht zuletzt deshalb entstand bereits 2014 die Idee, diesen Ort der Demokratie sichtbar zu machen. Dies könnte nun durch das IZKT-Projekt teilweise gelingen. Alte Fragen von damals können nun neu (in Interviews) gestellt werden: Wie könnte die Erinnerung an das Ereignis adäquat und gestalterisch dargestellt werden? Wer sollte sich darüber Gedanken machen? Und kann man die Geschichte des Stuttgarter „Rumpfparlaments“ an nur einem Ort erzählen, es hat ja an verschiedenen Orten getagt, bis es gewaltsam aufgelöst wurde?

Ob das gelingt, wird sich zeigen. Sicher ist indes eines: Die Filmteams greifen beim Projekt auf Ergebnisse zurück, die im Dialog mit Menschen, die oftmals nur wenig Berührungspunkte mit Wissenschaft hatten und die in einem multikulturellen Quartier – dem Hospitalviertel – leben, erarbeitet wurden. Die Einwohner des Quartiers weisen ca. 70 unterschiedliche Nationalitäten auf, 56 Prozent sind Deutsche, der Anteil der Arbeitslosen und auf Grundsicherungsleistungen Angewiesenen bei Einwohnern unter

65 Jahren liegt mehr als das Doppelte über dem Stuttgarter Mittel. Das stellt Herausforderungen an die Wissenschaftskommunikation unseres Themas, denen mit der co-kreativen Produktion und Reflexion spekulativer Dokumentarfilme begegnet wird. Um die Bewohner des Hospitalviertels in den Prozess der Konzipierung und ggf. Durchführung der Filmarbeiten einzubeziehen, wird -wie gesagt – ein temporärer Begegnungsort geschaffen: das „Atelier Leuschnerplätzle“.

Das Forum Hospitalviertel hat in diesem Projekt vor allem die Rolle des Netzwerkers. Wir werden den Machern Türen öffnen und Verbindungen schaffen. Auch zu Menschen im Quartier, die sich als Zeitzeugen an den Interviews und Filmen beteiligen wollen. Aber die Bürger des Hospitalviertels werden nicht nur in die Filmarbeit eingebunden, sondern auch zu den öffentlichen Aufführungen und Diskussionen eingeladen. Es ist zwar noch nicht spruchreif, aber tatsächlich plant das Forum Hospitalviertel parallel zum Projekt ein kleines Symposium zum Thema Demokratie. Mehr dazu und zu allen Neuigkeiten erfahren Sie hier auf unserer Web-Site, auf unserem Newsletter (Anmeldung unter https://forum-hospitalviertel.de/kontakt/) und natürlich unseren Social Media Kanälen auf Facebook und Instagram: Forum Hospitalviertel e.V. (@forum_hospitalviertel) • Instagram-Fotos und -Videos  

Lokal-Termin

Polizei froh über den Dialog mit Bürgern

Der  Lokaltermin des Forum Hospitalviertel mit Vertretern der Polizei und Bürgern aus dem Quartier
hilft beiden Seiten. Für Meldungen aus der Bürgerschaft ist die Polizei stets
dankbar: „Wir wollen immer ansprechbar sein. Rufen Sie an, wenn Ihnen etwas
auffällt!“  

Sicherheit ist (k)eine Gefühlssache. Oder? „Es gibt das
Gefühl, dass sich das Konfliktpotential in der Gesellschaft erhöht hat. Wir
alle sind vorsichtiger und ängstlicher geworden“, sagte Eberhard Schwarz,
Vorstand des Vereins Forum Hospitalviertel zur Begrüßung der Veranstaltung
„Sicherheit im Quartier“ in den Räumen des CVJM. Damit sprach Schwarz den
meisten der rund 25 Teilnehmer des Lokaltermins mit zwei Vertretern der Polizei
aus dem Herzen.

 Doch bei diesem Thema helfen letztlich nur Fakten. Die Zahl
der Delikte, die von der Polizei verfolgt werden, geben im Vergleich der Jahre
meist eine gute Einschätzung über die Sicherheitslage in der Stadt oder einem
Quartier. Mit diesen Zahlen, der sogenannten Kriminalitätsstatistik der
Polizei, lassen sich verlässliche Aussagen über die Lage machen. Allein mit dienen
Zahlen konnten Christopher Dirscherl, Leiter des Bezirksermittlungsdienstes, und
seine Kollegin Ute Jentzsch vom Referat Prävention nicht diesen. Die Zahlen für
das Jahr 2023 werden naturgemäß erst im darauffolgenden Jahr veröffentlicht. Eines
konnte der stellvertretende Leiter des Innenstadtstadtreviers jedoch schon
jetzt sagen: „Im Jahr 2018 gab es mehr Straftaten als jetzt.“

Weil Dirscherl ein alter Hase in seinem Metier ist, weiß er
genau, was er mit solchen Aussagen auslöst. Nämlich Staunen. Denn das
subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger korreliert nicht mit der objektiven
Lage. Das mag auch der anwachsenden Informationsflut in den sozialen Medien
sowie der Boulevardisierung der Stuttgarter Tagespresse liegen. Das mediale
Geschäft mit dem Verbrechen zeigt also Wirkung bei den Menschen. Die Stadt und
ihre Bezirke werden zunehmend als unsicher und in den Abendstunden als
bedrohlich empfunden. Doch Christopher Dirscherl hält dagegen: „Auch wenn es
einen leichten Anstieg der Fälle gäbe, ist er nicht bedrohlich.“

Überdies gibt Christopher Dirscherl zu bedenken, dass die
Lage in der Innenstadt an Freitagen und Samstagen natürlich nicht zur
Verallgemeinerung diene. „Da ist Remmidemmi, da prägt die Eventszene mit viel
Publikum die Stadt. Und je mehr Leute da sind, desto mehr Kriminalität ist
möglich.“
  Doch auch hier stellt der
Polizeibeamte klar: Die Ordnungsmacht ist präsent. Ob in Uniform oder in Zivil.
Auch die Poserszene habe man im Blick. „Durch unsere Maßnahmen sind die Poser vorsichtig
geworden. Wenn die mit einem Auto kommen, das nicht zulässig ist, müssen sie
damit rechnen, dass wir es aus dem Verkehr ziehen.“

Obwohl Christopher Dirscherl mit dieser Rede und seinem
selbstsicheren Auftreten Eindruck machte, bleiben freilich dunkle Flecken in
der Stadt. Im Wortsinn und im übertragenen Sinn. Die Polizei kann nicht überall
gleichzeitig sein. Das weiß auch der erfahrene Beamte. Daher appellierte er an
die rund 40 Teilnehmer aus dem Quartier, sich selbst die Frage zu stellen: „Wo
haben wir dunkle Ecken? Und wie können wir die heller machen?“ Auch für
Vorschläge aus der Bürgerschaft sei man dankbar: „Wir wollen immer ansprechbar
sein.“

In diesem Satz liegt die Kernbotschaft von Christopher
Dirscherl, die er für diesen Abend mitbrachte: „Rufen Sie an, wenn Ihnen etwas
auffällt.“ Damit will der Beamte der Furcht entgegentreten, dass man der
Polizei nur in Notfällen anrufen dürfe: „Rufen Sie lieber eher an, als gar
nicht. Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig! Man muss sich keine Gedanken
machen, dass der Einsatz in Rechnung gestellt wird.“ In Notfällen empfiehlt er
die
110 zu wählen, für Fälle im
Quartier sei es auch möglich, das Revier direkt unter folgender Nummer zu
kontaktieren:
07 11/89 90 31 00. Die
Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle (Einbruchschutz etc.) ist unter
07 11/89 90 12 30 zu erreichen.

Für den Wirt des „La Commedia“, Piero Cuna, ist das eine
gute Nachricht. Bisher hat er sich mutig selbst in Gefahr begeben, wenn dunkle
Gestalten sein Lokal ausspähten. Davon oder anderen Aktionen, die einen in
Gefahr bringen könnten, raten Jentzsch und Dirscherl ab. „Das ist unsere
Aufgabe. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir im Dialog bleiben.“ Sowohl die
beiden Beamten als auch die Teilnehmer der Veranstaltung begrüßten daher, dass
das Forum Hospitalviertel sich um diesen Dialog zwischen Bürger und Polizei
verdient gemacht habe.

In diesem Sinne soll es nun auch weitergehen. Nicht nur mit
weiteren Veranstaltungen des Forum Hospitalviertel, auch mit dem aktiven Dialog
zur Polizei und dem Ordnungsamt der Stadt Stuttgart. Denn bei vielen Problemen
im Quartier sind Polizei oder Polizeibehörde auf die Zusammenarbeit mit
Bürgerschaft angewiesen. Ganz gleich, ob es sich um Themen der Sauberkeit und
Sicherheit oder des Straßenverkehrs handelt. Oft fehlt den Ordnungshütern
schlicht die Information über Missstände oder Probleme.

So zeigte sich Christopher Dirscherl gleichermaßen dankbar
und überrascht, als die Teilnehmer ihn auf die permanenten Verstöße gegen die
Einbahnstraßenregelung („Das wird grundsätzlich ignoriert“) in Kenntnis
setzten. „Wir schauen und das an“, versprach Dirscherl, „wir nehmen das sehr
ernst.“ Natürlich wissen die Bürger und Teilnehmer des Abends, dass diese
Absichtserklärung von Christopher Dirscherl nicht alle Probleme auf einen
Schlag löst. Aber das Versprechen, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen, ließ
alle Teilnehmer mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Und gerade beim Thema
Sicherheit ist das Gefühl bekanntermaßen eine nicht zu unterschätzende Größe. 

                                              *

Zum Thema SicherheitsgefühlVor Kurzem erhielten 50 000 Stuttgarter die Einladung,
an einer Sicherheitsstudie teilzunehmen. Diese  Untersuchung fokussiert sich
als erste ihrer Art exklusiv auf das Sicherheitsgefühl und erfasst nicht nur
Gesamtdaten für die Stadt, sondern auch auf Bezirksebene.
Die Teilnehmer wurden zufällig ausgewählt, wobei demografische Daten
und Wohnorte berücksichtigt wurden. 
Eine weitere Innovation liegt
in der
Anwendung der Methodik des Instituts für Kriminologie der
Uni Heidelberg und
des Instituts für Kriminologische
Forschung Baden-Württemberg, was einen
Vergleich mit anderen Kommunen ermöglicht.
Die Studie berücksichtigt nicht nur statistische Werte,
sondern legt auch Wert auf das subjektive Sicherheitsempfinden
der Bürger. Die Stadt ist daran interessiert, die Einschätzungen
der Menschen zu verstehen, da Orte, an denen Ängste existieren,
oft gemieden werden, was wiederum das Unsicherheitsgefühl verstärken kann.

Das Viertel soll noch grüner werden. Geplant sind 40 neue Bäume.

40 neue Bäume fürs Hospitalviertel

Forum erfährt erneut Zuspruch vom Bezirksbeirat Mitte

Das Viertel soll noch grüner werden. Geplant sind 40 neue Bäume.
Das Viertel soll noch grüner werden. Geplant sind 40 neue Bäume.

Der Bezirksbeirat Mitte  Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle unterstützen das Vorhaben der Bürgerbeteiligung beim Baumpflanzprojekt. 

Im Hospitalviertel sollen mit Beginn Frühjahr 2024 insgesamt 40 Bäume gepflanzt werden. Damit soll das Mikroklima in der Innenstadt und im Hospitalviertel  verbessert werden – und natürlich auch die Lebensqualität. Das Projekt soll aus Sicht des Forum Hospitalviertel e.V schnell und zeitnah umgesetzt werden. Das Forum wünscht sich daher, dass dieses Baumprojekt aus nachvollziehbaren Gründen (Klimawandel und Folgen) auf der Agenda der Verwaltung (Garten- und Friedhofsamt, Stadtplanungsamt, Ordnungsamt) ganz oben steht. Das Projekt soll aus Sicht des Forums auch ein Beteiligungsprojekt werden.

Breite Akzeptanz gewünscht

„Sie alle wissen, dass Baumpflanzungen gesellschaftlich nicht neutral wahrgenommen werden. Wir würden sehr gerne ein Beteiligungsprojekt im Quartier in dieser Sache starten“ erklärte Forum-Vorstand Eberhard Schwarz den Bezirksbeiräten und der Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle bei der vergangenen  Sitzung im Rathaus: „Das heißt, wir würden sehr gerne die Bewohner, Nutzer im Quartier mit einbeziehen. Aber dazu brauchen wir erstmal die Information der Ämter. Und wir würden gerne Bezirksbeirat Mitte dazugewinnen.“ Insgesamt geht es Eberhard Schwarz darum, „eine möglichst breite Akzeptanz bei allen im Viertel für das Baumprojekt zu bekommen.“ Das Forum sieht darin auch ein in Zukunft weisendes Projekt, in dem das Forum als Ansprechpartner, Moderator, Schnittstelle und Kümmerer in Abstimmung mit den jeweiligen Ämtern bürgernah wirken kann.

Stadträte signalisieren Unterstützung für einen Antrag auf Dauerförderung

Schwarz erklärte, dass der Verein schon eine ganze Menge an Erfahrung mit solchen Prozessen gesammelt habe. Zuletzt, als es um den Hospitalplatz ging. Bedeutet: Auch der Prozess der Baumpflanzungen mit all seinen Konsequenzen müsse moderiert und diskutiert werden. „Wir möchten auch bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen und den Bezirksbeirat bitten, dass Parkraumkonzept und Verkehrskonzept im Hospitalviertel noch einmal anzuschauen“, so Schwarz, „das scheint uns dringend geboten. Zuletzt haben wir anlässlich einer Veranstaltung bei der Sperrung der Theo, nochmal gemerkt, wie dramatisch das sich auch auf das Viertel auswirkt. Auch an den Wochenenden gibt´s große Veränderungen.“ Die Vorrede schloss Pfarrer Schwarz mit einem Appell an den Bezirksbeirat: „Also, erste Bitte: Helfen Sie uns, dieses Projekt auch über die Ämter, gut voran zu bringen. Zweite Bitte: Bitte unterstützen sie uns, wenn es um die Neuorganisation des Parkmodells geht und dass sage ich jetzt als ein kleines ceterum censeo: Wir freuen uns, wenn sie uns unterstützen, für den nächsten Doppelhaushalt – das sage ich jetzt an die Adresse der Stadträtinnen und Stadträte.“ Die anwesenden drei Stadträte, Laura Halding-Hoppenheit (FRaKTION), Christoph Ozasek (PULS) und Dr. Matthias Oechsner (FDP),  nickten daraufhin wohlwollend. 

Flammendes Plädoyer von Veronika Kienzle

Wie so oft in der über 20-jährigen Geschichte des Forum Hospitalviertel, so durfte sich der Verein auch in diesem Fall der Unterstützung von Veronika Kienzle gewiss sein: „Ich möchte folgendes dazu sagen“, hob die Bezirksvorsteherin zu einem flammenden Plädoyer zu Gunsten des Forum an: „Das Hospitalviertel und das Forum Hospitalviertel ist ein Erfolgskonzept und ein Erfolgsrezept. Und wir haben eigentlich dort gesehen, wie Stadtplanung und Stadtgestaltung, Hand in Hand gelingen kann, nämlich in Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft. Ich glaube, noch beispielhafter und vorbildlicher, wie dort, kann man es überhaupt nicht gestalten. Und für die, die noch nicht so lange dabei sind: Das Hospitalviertel entstand aus der lokalen Agenda heraus – das war eine Gruppe, die sich für ihr Quartier einsetzen wollte, wo eben auch gerade, Klima, Bäume, Umwelt, Verkehrsregelung, mehr Wohnen, weniger Autos, ein angenehmeres Gestalten, wo das so in den Anfängen war, rausgekommen ist, ein wunderbares Bildungszentrum, was wirklich ein Herzstück der Landeshauptstadt ist, wie wichtige Leute auftreten, in dem gute Diskussionen stattfinden, indem auch kontrovers diskutiert werden kann und ein öffentlicher Raum, der sich wirklich sehen lassen kann, wer noch weiß, wie es früher aussah.“

Kienzle fordert Dauerförderung fürs Forum Hospitalviertel

Dann wurde Veronika Kienzle kurz still und ergänzte mit ernster Miene: „Aber das wir das nicht, wie man es in der Jugendsprache sagt, für umme haben kann, sondern dass es da auch eine Finanzierung für ein Betriebsbüro braucht, das ist doch absolut selbstverständlich und selbstredend. Und da würde ich gerne diesen Appell an den Gemeinderat, nochmal gerne zu Protokoll geben und an sie richten: Wir brauchen für solche Projekte eine dauerhafte Begleitung und die muss natürlich zusammen mit der Bürgerschaft sein, sonst wird es nicht gelingen. Sonst wird man immer etwas von außen, hineininszenieren und die Bürger müssen damit zurechtkommen. Wir müssen eine Verbindlichkeit, während der Entwicklung schaffen – nur so wird ein Schuh draus und genau das ist dort geschehen. Insofern wäre die herzliche Bitte, dass man so einen Betrag, der ja wirklich überschaubar ist, dass man so etwas so einrichtet, dass man nicht alle zwei Jahre als Bittsteller wieder vorstellig werden muss.“

Das Schlusswort zum Tagesordnungspunkt hatte jedoch Bezirksbeirat Heinrich Huth (SPD): „Ich verfolge das jetzt auch schon einige Jahre mit, dass wir das Forum im Hospitalviertel dabei unterstützen. Ich finde, man nennt sowas Quartiersmanagement und es wird immer so getan, als müsste man das neu erfinden und erbetteln. Es muss irgendwann die Erkenntnis in der Stadtverwaltung geben, dass es ein Quartiersmanagement generell geben sollte. Und deswegen stehen dem Forum Hospitalviertel Mittel einfach zu. Das würde ich mir als selbstverständlich in Stuttgart wünschen.“

Einweihung Hospitalstraße

"Heilung einer zerissenen Stadtsituation"

Kleines Fest, große Wirkung. Großes Fest, noch größere
Wirkung. So feierte das Forum Hospitalviertel mit Mitgliedern und Freunden
zuletzt per Mini-Hocketse den vorläufigen Abschluss der Bauarbeiten im
Sanierungsgebiet. Und im Jahr 2025 wird groß gefeiert. Dann nämlich soll der
Synagogenvorplatz fertig sein – „das Herzstück dieser Umgestaltung“, wie es Martin
Holch vom Stadtplanungsamt nannte. Das verbindende Element bei allen Festen ist
jedoch das, was sich das Forum auf die Fahnen geschrieben hat: Menschen
zusammenbringen, gemeinsam im Sinne des Viertels agieren. Dieser Geist war auch
bei der Mini-Hocketse vor dem Rupert-Mayer-Haus zu spüren, zu der die Stadt
Stuttgart und das Forum Hospitalviertel eingeladen hatte.

Gekommen sind tatsächlich wieder viele Menschen aus verschiedenen
Bereichen. Zuvorderst auch die Bauleute der Firma Julius Bach, die den ersten Sanierungsabschnitt
vollendet hatte. Aber auch die Stadtverwaltung inklusive der Bezirksvorsteherin
Mitte, Veronika Kienzle, oder Bezirksbeirat Wolfgang Kaemmer (Grüne) und Monika
Renninger vom Hospitalhof sowie Elke Uhl von der Universität Stuttgart. Nicht
zuletzt war die jüdische Gemeinde durch Susanne Jakubowski und Lars Neuberger
vertreten.

Alle genossen nicht nur die nachbarschaftliche Atmosphäre bei
Speis und Trank, sie wurden freilich auch mit geistiger Nahrung versorgt. Wer
versteht sich darauf besser als Pfarrer und Forum-Vorstand Eberhard Schwarz. „Wir
haben es hier mit der Heiligung einer zerrissenen Stadtsituation zu tun. Wir
sind Schritt für Schritt dabei, dieses Viertel zu reparieren“, sagte Schwarz in
seiner Begrüßung. Gleichzeit nannte er die Beteiligung aller an dieser Arbeit
einen „therapeutischen Prozess“ fürs Viertel und seine Menschen. Konkret meint
er damit, das Miteinander-Unterwegs-Sein, die Stärkung der Nachbarschaft und
das gegenseitige Wahrnehmen.  

Den geschichtlichen Kontext stellte anschließend Martin
Holch her: „Auslöser für das Projekt war ursprünglich die Erkenntnis, dass wir
für den Bereich vor der Synagoge unbedingt etwas machen müssen. Das hat auch die
Israelitische Religionsgemeinschaft so gesehen, und auch das Forum
Hospitalviertel. Denn das Straßenbild entsprach in keiner Weise der Bedeutung,
die dieser Ort für die Stadt hat.“ Dann aber stellte sich im Jahr 2015 laut
Holch die Frage: „Wie muss man mit diesem geschichtlich so schwerwiegenden oder
auch schwer beladenen Stück Stuttgart umgehen?“ Die Antwort lieferte ein kleiner
Planungswettbewerb für die Umgestaltung: „Expressionistisch und aufgesplittert.
Hübsch und beschaulich.“ Im Preisgericht saßen damals auch das Forum
Hospitalviertel und die israelitische Religionsgemeinschaft. Gewonnen hat
schließlich der Architekt Joseph Abiry. „Aber ich will dessen Vorschlag nicht
vorgreifen“, sagte Martin Holch abschließend nicht ohne Humor, „2025 können wir
dann den Platz direkt vor der Synagoge einweihen. Ich sage dann in zwei Jahren
das Gleiche von heute nochmal, das haben Sie bis dahin vergessen.“

 

Neuer Verein Muslimischer Begegnungs- und Gebetsraum gegründet


Im Hospitalhof atmet gelebte Interreligiösität

Es ist gegründet! Am 14. Juni 2023 fand im Hospitalhof die Gründungssitzung des Vereins Muslimischer Begegnungs- und Gebetsraum Stuttgart statt. 22 Gründungsmitglieder hatten sich versammelt. Es war der Höhepunkt eines mehrjährigen Prozesses, der von der Landeshauptstadt Stuttgart – Abteilung Integrationspolitik- und dem Forum Hospitalviertel e.V. begleitet wurde.

Eines vorweg: Es war eine harmonische Veranstaltung in angenehmer Atmosphäre im Hospitalhof und dessen Rosengarten. Und obwohl nun erst der formale Akt der Gründung vollzogen ist, atmete dieser Tag bereits eine gelebte Interreligiösität. Das wurde 15 Minuten vor dem Beginn der Sitzung deutlich. Christoph Hölscher, Vorstand des Forums, wurde von den muslimischen Freunden gebeten, einen Raum zum Gebet zur Verfügung zu stellen. Man wolle niemanden stören, meinten die Teilnehmer respektvoll. „Da habe ich die Hospitalkirche angeboten“, sagt Hölscher, „wenn es für Sie kein Problem sei. War es nicht. Im Gegenteil. Und dann haben fast 20 Moslems und Muslima in der Kirche ihr Gebet verrichtet. Gott wird es nicht gestört haben und ich denke, das durfte ich, ist ja auch meine Kirche.“

Zum Hintergrund: In der Stuttgarter Stadtmitte wohnen und arbeiten zahlreiche Muslime. Stuttgart ist auch Ziel muslimischer Besucher aus aller Welt. Bei vielen von ihnen besteht das Bedürfnis, ihre Religion auch im Zentrum Stuttgarts zu leben und sich mit Angehörigen anderer Religionen auszutauschen. Es gibt zwar an etlichen Orten in Stuttgart Moscheen, Versammlungsstätten und muslimische Gebetsräume. Diese liegen aber nicht im Stadtzentrum oder stehen nicht für jeden Angehörigen des Islam offen. Verschiedene muslimische Gruppen vermissen daher in der Stuttgarter Innenstadt einen Ort der kulturellen und interreligiösen Begegnung, des Austauschs und der Religionsausübung. Für die Zivilgesellschaft kann es ein wichtiger Ort der Begegnung und ein Schaufenster muslimischen Lebens in Stuttgart sein.

Dabei kam das Hospitalviertel in den Fokus. Denn Architekturstudierende der Universität Stuttgart hatten im Jahr 2019 im Rahmen einer Abschlussprüfung die Aufgabe, Pläne und Modelle eines solchen muslimischen Begegnungs- und Gebetsraums zu entwerfen und dabei ein bestimmtes topographisch anspruchsvolles Grundstück im Hospitalviertel gedanklich als Bauplatz zugrunde zu legen. In der Folgezeit haben sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener muslimischer Gruppen auf der Suche nach Räumlichkeiten für Konzeptionsbesprechungen an das Forum Hospitalviertel gewandt und durch Vermittlung von Eberhard Schwarz mehrmals einen Saal im Hospitalhof zur Verfügung gestellt bekommen. Eberhard Schwarz und Christoph Hölscher haben an den Sitzungen beratend teilgenommen. „In den 20 Jahren des Bestehens unseres Vereins haben wir viele Erfahrungen gesammelt in Fragen der Kooperation mit verschiedensten Akteuren und sind gerne bereit, unser Wissen mit Initiativen zu teilen, die das Ziel der Gemeinnützigkeit haben“, sagt Schwarz.

Das Hospitalviertel beheimatet – historisch gewachsen – unterschiedliche christliche Gemeinschaften und konfessionelle Einrichtungen und ist mit dem Ort der Synagoge Zentrum der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs. Von daher ist der Gedanke, hier auch einen muslimischen Begegnungs- und Gebetsraum zu schaffen, auf den ersten Blick nahe liegend. Er kann zur Verständigung und zum besseren gegenseitigen Verständnis der Religionen beitragen, ein Ziel, dem sich auch das Forum Hospitalviertel e.V. verpflichtet sieht.

Zweck des nun gegründeten Vereins ist die Förderung der muslimischen Religionsausübung und des interreligiösen Austauschs. Hierfür soll ein Ort der deutschsprachigen Begegnung, des Austauschs und des gegenseitigen Verständnisses geschaffen und die Sichtbarkeit des muslimischen Lebens in Stuttgart in seiner ganzen Vielfalt gefördert werden. Außerdem soll die Begegnung im interreligiösen Sinne zwischen allen Weltreligionen und im intermuslimischen Sinne zwischen allen unterschiedlichen Lehren und Strömungen des Islams im Mittelpunkt stehen.

Die am 14. Juni 2023 beschlossene Satzung ist wegen der Anerkennung der Gemeinnützigkeit mit dem Finanzamt im Vorfeld abgestimmt worden. Sie wird dem Registergericht vorgelegt und der Verein wird dann als solcher eingetragen (e.V).

Das ist der Anfang der eigentlichen Arbeit: die Suche nach finanzieller Förderung, die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, deren Ausgestaltung und insbesondere deren Nutzung im Sinne des Vereinszwecks.

„Wie ich gehört habe, ist die Initiative in Deutschland einzigartig“, sagt „Geburtshelfer“ Hölscher nicht ohne Stolz: „Angehörige unterschiedlicher Strömungen des Islams schaffen gemeinsam einen Ort, der allen Muslimen zum Gebet offen steht und dem friedlichen Gedankenaustausch über alle Religionsgrenzen hinweg dient.“

Synagogenvorplatz wird 2025 fertig

Der Vorstand des Vereins Forum Hospitalviertel lässt sich von Vertretern des Stadtplanungamts und des Tiefbauamts den Baufortschritt erklären.
Der 2015 eingeweihte Synagogenplatz
Ein historisches Foto der Synagoge vor ihrer Zerstörung.

Stadt schließt einen Teil des Sanierungsgebietes ab

Auf Plätzen werden Geschichten geschrieben und Demokratie gelebt, denkt man nur an die Agora im antiken Griechenland zurück. Umso verständlicher ist es, dass viele Menschen, Gruppen im Hospitalviertel, ja auch die Stadt, der Fertigstellung des Synagogenvorplatzes samt Hospitalstraße voller Ungeduld entgegenblicken. Allerdings ist in dieser Sache weiterhin Geduld gefragt, wie eine Mitarbeiterin des Stadtplanungsamtes bei der jüngsten Anliegerversammlung im Treffpunkt Rotebühlplatz erklärte: „Es wird wahrscheinlich Mai 2025 bis zur endgültigen Fertigstellung.“ Erst dann wird bei diesem Projekt, über das bereits seit 2015 gesprochen wird, der Schlussstein gesetzt. Genauer gesagt: Es sind zwölf Schlusssteine, die als Kunstplatten die zwölf Stämme Israels darstellen.

Die Verzögerung bis ins Jahr 2025 hat einen einzigen Grund. Es liegt an dem ehemaligen GWG-Haus in der Hospitalstraße 33. Die Sanierung des Gebäudes ist voraussichtlich erst in zwei Jahren abgeschlossen. Bis dahin werden die Flächen, die für die Kunstplatten vorgesehen sind, mit einem Interimsbelag versiegelt. Zu feiern gibt es dennoch bald etwas. Und zwar die Vollendung des städtebaulichen Sanierungsgebiet Hospitalstraße samt dem Hospitalplatz und der angrenzenden Straßen. Dazu wird nach Fertigstellung die Hospitalstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Versenkbare Poller erlauben dann nur noch Rettungs- und Einsatzfahrzeugen oder der Müllabfuhr die Durchfahrt. Diese Arbeiten sollen Ende Mai 2023 abgeschlossen sein und mit einer Quartiershocketse gefeiert werden.

Insgesamt werden 40 Bäume gepflanzt

Dann wird sich das Sanierungsgebiet in einer völlig neuen Anmutung präsentieren. Mit dem Beginn im Herbst dieses Jahres werden dort insgesamt 40 Bäume gepflanzt. Die Bäume stehen unter anderem für den neuen Charakter der Straße und des Platzes. Vor der Synagoge wird es nicht nur verkehrsberuhigt, es wird lebhaft. „Die Straße wird deutlich grüner werden und durch die breiteren Gehwege mit Aufenthaltsbereichen ein Raum zum Dableiben“, verspricht die Verwaltungsangestellte. Dazu will auch die vhs beitragen, die immer noch hofft, in das Gebäude mit der Hausnummer 33 einziehen zu können. Aus Sicht von vhs-Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner entstünde mit dem Einzug eine Symbiose zwischen der Bildungseinrichtung und dem Synagogenvorplatz: „Es wäre ein Kern von Bildung sowie Interreligiösität. Von der verbindenden Kultur könnten Impulse in die ganze Stadt ausgehen.“

Dies ist nur eine von vielen Erwartungen an diesen besonderen Ort. „Durch den Abschluss der Arbeiten“, so die Verwaltungsangestellte des Stadtplanungsamtes, „wird der Synagogenvorplatz bildhaft. Denn keiner weiß doch so richtig, wo die Synagoge ist.“ Durch die Neu- und Umgestaltung entsteht laut der Stadtplanerin auch eine Verbindungsachse. Natürlich hat auch die Israeltische Gemeinde besondere Erwartungen an diesen Platz, der vorher nur Straße war.

Die IRGW-Vorstandssprecherin Barbara Traub meinte anlässlich der Einweihung des Synagogenplatzes im Jahr 2018: „Wir hoffen, dass die Stuttgarter Bürger künftig nicht mehr nur wissen, dass es in der Stadt eine Synagoge gibt, sondern dass sie auch wissen, wo genau die Stuttgarter Synagoge steht. Mit unserem Synagogenplatz wird unsere Gemeinde viel stärker als bisher ins Bewusstsein der nichtjüdischen Bürger rücken. Nicht mehr nur als jüdische Menschen, sondern auch als jüdische Gemeinde werden wir künftig stärker wahrgenommen werden. Wahrgenommen als Teil dieses Landes. Als Teil dieser Stadt.“

„Hier entsteht etwas Bedeutendes“

 

Ins gleiche Horn stößt Eberhard Schwarz, Vorstandsmitglied des Vereins Forum Hospitalviertel: „Begegnung findet nicht auf unseren Schreibtischen oder in unseren Köpfen statt. Es ist immer wieder der Alltag und der öffentliche Raum, der Menschen zueinander führt. Deshalb sind die Neugestaltung des Synagogenvorplatzes und das bessere Sichtbarwerden jüdischen Lebens in Stuttgart eine wunderbare Initiative.“ Aus Sicht des City-Pfarrers „stärkt es die gute Nachbarschaft im Quartier, wertet das Hospitalviertel auf und schafft einen starken repräsentativen Ort jüdischen Lebens und des Begegnens in der Landeshauptstadt“. Denn Geschichte sei nicht nur Geschehenes, sondern auch Geschichtetes, so Schwarz: „Dies gilt auch für diesen Boden im Hospitalviertel. Hier entsteht etwas von Bedeutung für die Stadt.“

 

Bleibt die Frage nach der Sicherheit. Schon jetzt wird der Synagogenplatz und die Synagoge durch eine starke Polizeipräsenz gesichert. Wie lässt sich das antisemitische Bedrohungspotenzial mit der geplanten Belebung des Vorplatzes vereinbaren. Susanne Jakubowski aus dem Vorstand der IRGW hofft, dass durch die Poller eine Beruhigung eintritt. Damit müsse es lediglich an den hohen jüdischen Feiertragen eine starke Polizeipräsenz geben. Jakubowski könnte zudem ein kleines Bistro mit einem koscheren Angebot im Haus Hospitalstraße 25 vorstellen. „Visionen haben wir viele“, sagte sie und sprach dem Vorstand des Forum Hospitalviertel e.V., Eberhard Schwarz, aus dem Herzen. Auch er macht sich allerlei Gedanken über die Wirkung und die Möglichkeiten dieses neuen Platzes. Unter dem Brennglas Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft planen Schwarz und der Verein Forum Hospitalviertel eine gesellschaftliche Debatte zur Wirkung, der Nutzung und der Lösung von etwaigen Problemen des neuen Ortes anzustoßen.

 

Am Gelingen des Prozesses hat indes keiner Zweifel. Auch Projektleiter Frank Hüttner vom Tiefbauamt nicht. „Die Sache wird gut“, rief er den Anliegern des neuen Synagogenvorplatzes voller Überzeugung zu und ergänzte: „Ich freue mich schon auf das Fest zur Einweihung.“