Besuch im Quartier (v. li.): Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben mit Kollegin Christina Kircher Wintterling und den Forum-Vorständen Margarete Müller, Christoph Hölscher sowie Achim Weiler.

Besuch vom Fuss e.V. im Quartier

"Die Stadt hat kein Gesamtkonzept für den Fußverkehr"

Forum Hospitalviertel kooperiert mit dem Fuss e.V.: Vereine haben viele Schnittmengen und wollen Synergien nutzen. Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben: „Die Stadt kein schlüssiges Gesamtkonzept für den Fußverkehr.“   

Besuch im Quartier (v. li.): Fuss-e.V.-Sprecher Peter Erben mit Kollegin Christina Kircher Wintterling und den Forum-Vorständen Margarete Müller, Christoph Hölscher sowie Achim Weiler.

„Das ist ja fast ein Vorzeigeviertel, das sind ja paradiesische Verhältnisse, ein natürlicher Superblock“, sagte Peter Erben vom Stuttgarter Fuss e.V. bei seinem Besuch des geschäftsführenden Vorstands des Forum Hospitalviertel. Erben war mit seiner Mitstreiterin Christina Kircher-Wintterlin gekommen, um sich mit der Quartiersinitiative im Hospitalviertel zu vernetzen und auszutauschen. Tatsächlich war er beim Besuch hoch erfreut über den Zustand des Hospitalviertels zum Abschluss der Sanierung: „Hier wurde auf die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen, die auf Gehwege angewiesen sind, hervorragend eingegangen.“ Weiter sagte Erben, dass sein Verein nach vielen Jahren harter Arbeit nun endlich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit angenommen und angekommen sei: „Die Leute wissen, dass sie auf uns zählen können. Und sie haben das Gefühl, dass sie von uns ernst genommen werden.“

Forum-Vorstand Eberhard Schwarz, bedankte sich bei Erben für die Blumen sowie den Besuch und formulierte das gegenseitige Interesse nach „Synergien und wechselseitiger Unterstützung“. Man habe das gleiche Ziel, sagte Schwarz: „Wie können wir öffentliche Belange der Bürger in die städtischen Gehörgänge bringen, etwa zum Thema Verkehr und Mobilität in der Innenstadt.“

In dieser Hinsicht beschäftigt sich das Forum Hospitalviertel mit vier Hauptthemen:

Das gesamte Verkehrskonzept ist mit dem Abschluss der Sanierung nicht mehr stimmig und schlüssig. „Wir fragen uns daher, wie wir den Fußverkehr vor allem für die Schüler sicherer machen können“, so Schwarz.

Aber auch das Thema Theodor-Heuss-Straße beschäftigt den Verein immer wieder. Hier bestehe jedoch die Hoffnung, dass die Verkehrssituation mit den Baumaßnahmen 2025 besser und sicherer wird.

„Ein ganz heikler Platz ist auch der Berliner Platz“, sagte Schwarz, „da hier die Schnittmenge vieler Verkehrs- und Mobilitätsformen aufeinandertreffen und immer wieder für gefährliche Situationen sorgen“.

Hinzu komme die Parksituation im Viertel, die durch die vielen Autos mit Doppelkennzeichen aus der Region oft zu Verdruss und Ärger sorgten. Angelehnt an Erbens Zitat mit den „paradiesischen Zuständen“, meinte Forum-Finanzvorstand Klaus Böhringer: „Kommen Sie mal am Wochenende hierher, da werden Sie aus dem Paradies vertrieben. Da finden Sie als Anwohner keinen Parkplatz.“   

All das ist Wasser auf die Mühlen von Peter Erben und seinem Verein. Er bestätigte, dass es bei der Stadt zwar ein Fußgängerkonzept gebe, dies aber „Flickwerk“ sei. Auch weil man sich in den unterschiedlichen Ämtern nicht über das Ziel einig sei, womit die Grundlage für ein schlüssiges Gesamtkonzept fehle. Einig waren sich jedoch alle, dass es im Kessel im Grunde an Platz fehle. Platz, den sich alle Verkehrsteilnehmer teilen müssten.

Christoph Hölscher wandte bei diesem Aspekt ein: „Man kann nicht mehr Platz schaffen in der Stadt, aber es wäre schon hilfreich, wenn sich jeder Verkehrsteilnehmer dort bewege, wo er hingehört.“ Dass in dieser Hinsicht teilweise Wild-West-Situationen entstünden, bestätigte Peter Erben. Es fehle schlicht an Kontrollen, meinte er. „Das Ordnungsamt beklagt in dieser Hinsicht immer wieder, dass es machtlos sei, da es zu wenig Personal habe.“ Es werden auch viel zu viel Fehlverhalten toleriert, ergänzte Kircher Wintterlin. Damit meinte sie die rücksichtslosen Essens-Kurierfahrer in den Fußgängerzonen, die auf gefährliche Weise an Fußgängern vorbeipreschten oder aber die Problematik rund um die E-Scooter. „Hier wären die radfahrenden Polizeistaffeln ein wirksames Mittel, um Ordnung zu schaffen“, meinte Erben, „aber auch davon gibt es zu wenig.“ Man müsse einfach von dem Ordnungsamt und von den Fraktionen mehr Personal einfordern, damit die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung ein starkes Schwert werde. Ansonsten müsste auf lange Sicht, so Erben, das Recht und der Schutz der Fußgänger über die Möglichkeit der Verbandsklagen durchgesetzt werden. So wie die Umwelthilfe von Jürgen Resch immer wieder Erfolge erziele. Christoph Hölscher, ehemaliger Direktor des Amtsgerichtes Ludwigsburg, ist da skeptisch: „Ich glaube die politische Arbeit ist viel wichtiger, es ist schwierig für die Allgemeinheit zu klagen.“ 

Eberhard Schwarz (re./neben Veronika Kienzle) im Rathaus bei der Präsentation des Jahresberichts

Wertschätzung pur vom Bezirksbeirat

"Sie sind eine Blaupause für Quartiersarbeit"

Eberhard Schwarz (re./neben Veronika Kienzle) im Rathaus bei der Präsentation des Jahresberichts

Der Bezirksbeirat Mitte stellt dem Forum Hospitalviertel nach der Präsentation des Jahresberichts 2023 ein exzellentes Zeugnis aus. Erneut flammt der Appell an die Stadt und den Gemeinderat nach einer Verstetigung der Fördermittel auf.

So wie der Bezirksbeirat der Nukleus der Kommunalpolitik ist, so sind es auch die verschiedenen bürgerlichen Initiativen, die dort in aller Regel ihre Herzensprojekte vorstellen. Die Fügung wollte es so, dass neben dem Verein Forum Hospitalviertel eine andere beachtenswerte Initiative ihre Ideen in der Sitzung des Bezirksbeirats Mitte präsentierte: das Projekt „7000 Seeds“ – 7000 Samen. Das Schlagwort der Initiatoren lautet: „Stadt-Vewaldung“ statt lähmender Verwaltung. Dahinter steht das Ansinnen, die Stadt rasch grüner zu machen. Forum-Vorstandssprecher Eberhard Schwarz nahm diesen Steilpass der „7000 Seeds“ gerne auf und meinte bei der Präsentation seines Jahresberichts vor den Bezirksbeiräten und Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne): „Das ist eine gute Sache. Zu dem Saatgut legen wir noch rund 30 Bäume obendrauf, um die Stadt und unser Hospitalviertel grüner zu machen.“  

Für Eberhard Schwarz und das Forum Hospitalviertel sind die Baumaktion, die 2025 starten soll, jedoch mehr als nur Begrünung. Vielmehr sei es die Möglichkeit in diesem kleinen Bereich, durch die Baumpflanzung und deren Hege die Rollen der Bürger, des Stadtklimas sowie ökologische Themen hervorzuheben. „Uns geht es darum, trotz aller Spannungen in der Gesellschaft, die Nachbarschaft und die Begegnungen durch die Pflege zu stärken. Denn wir empfinden als Quartiersinitiative eine Verantwortung für das Zusammenleben“, sagte Schwarz, ehe er die Eck- und Schwerpunkte des Jahresberichts 2023 dem Bezirksbeirat Mitte vorstellte: die Blauen Stühle, das Ethik-Café, die Quartiersführungen, die Satzungsfassung für einen muslimischen Gebetsraum oder die Mitarbeit beim Sozialamt an einem Rahmenplan für soziale Quartiersentwicklung.

Wie in jedem Jahr goutierten die Bezirksbeiräte die Arbeit des Forum Hospitalviertel nicht nur, sie fanden vielmehr überaus wertschätzende Worte. Den Reigen des Lobes nahm Andreas Nikakis, beratendes Mitglied für Migration und Integration, auf: „Sie sind hier immer willkommen – wie ein heller Stern.“ Heinrich Huth verband seine Laudatio mit dem „immergleichen Appell“ an die Stadt und den Gemeinderat mit der Forderung nach einer Verstetigung der Förderung: „Sie machen den Job, den sonst ein Quartiermanager machen müsste. Und der würde viel mehr Geld kosten als die bescheidenen Fördermittel.“ Das Fazit von Huth lautete: „Sie sind und bleiben die Blaupause für Stuttgart in Sachen Quartiersentwicklung und Quartiersarbeit.“

Den krönenden Schlusspunkt in diesem Arbeitszeugnis des Forums Hospitalviertel setzte schließlich Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle: „Das Hospitalviertel ist die Herzkammer des Bezirks Mitte. Hier versammelt sich alles, was gut ist. Dazu gehört auch eine permanente Neuerfindung der Vielfältigkeit im Quartier, die uns als Stadt weiterhilft. Und wenn man über Quartiersentwicklung nachdenkt, was in diesen Zeiten nötiger denn je ist, dann ist das Forum Hospitalviertel ein verdammt gutes Beispiel, wie das gelingen kann.“

Einmal mehr nahm Eberhard Schwarz die ihm zugespielten Bälle auf und zielte erneut ins Schwarze: „Wenn man die von Herrn Huth erwähnte Rechnung bezüglich eines städtischen Quartiersbeauftragten aufmacht, würde man staunen, wie günstig wir arbeiten.“ Wahrscheinlich müsste die Stadt in so einem Fall jährlich etwa das Fünffache an Kosten aufbringen.                           

Bäume für ein besseres Klima

Baumpaten gesucht!

Im Hopsitalviertel werden neue Baumstandorte geschaffen. Die Maßnahmen konzentrieren sich auf die folgenden Straßen: Hohe Straße, Lange Straße, Gymnasiumstraße, Firnhaberstraße, Heustraße und Kienestraße. Dafür suchen die Stadt und das Forum Hospitalviertel Baum-Paten.

Mit eindringlichen Worten begrüßte der Vorsitzende des Vereins Forum Hospitalviertel, Eberhard Schwarz, die Teilnehmer der Veranstaltung „Neue Bäume fürs Hospitalviertel“: „Sehenden Auges sind wir in den vergangenen Jahren in eine umfassende geopolitische Krise geraten, deren Spannungen wir auch im Alltagsleben unserer Stadt spüren. Zukunftsängste und das Misstrauen gegenüber Minderheiten und Fremden sind gewachsen; soziale und ethnische Gruppen, Religionen und Konfessionen begegnen einander mit zunehmenden Vorbehalten.“ Weiter erklärte Schwarz: „Viele machen sich Sorgen um die Zukunft unserer Wirtschaft und um unseren Wohlstand; allein die hohe Polizeipräsenz in unserem Quartier zur Sicherung der Synagoge und der Jüdischen Gemeinde, zeigt, dass das Zusammenleben in unserer Welt nicht einfacher geworden ist.“ Neben Anwohnern und interessierten Bürgern lauschten auch Veronika  Kienzle, die Bezirksvorsteherin Mitte, sowie Claudia Dugandzic vom Gartenbauamt und Claudia Fuhrich mit Astrid Schmelzer (beide Stadtplanungsamt) den Worten von Eberhard Schwarz.

 Manch einer mag sich in diesem Moment gefragt haben, was diese gesellschaftliche Betrachtung mit der Pflanzung von gut 30 neuen Bäumen im Hospitalviertel zu tun hat. Die Antwort auf die stille Frage lieferte Schwarz prompt mit einer längeren Ausführung: „Für uns als Quartiersinitiative geht es dabei nicht nur – ökologisch gesehen – um das Mikroklima in der Stadtmitte; es geht nicht nur um die Aufenthaltsqualität im Hospitalviertel oder um eine punktuelle Verschönerungsaktion im Zug des Umbaus der Stadt. Für uns ist diese Baumpflanzung eine Chance, niederschwellig, auf der Ebene der persönlichen Begegnungen im Nahbereich und in der Nachbarschaft, Beziehungen zu stärken, den Gemeinsinn zu wecken und langfristig dem öffentlichen Raum ein menschenfreundliches Gesicht zu geben. Friedensarbeit, Heilung von sozialen Verwerfungen, Veränderung von Urteilen und Vorurteilen beginnen in der persönlichen Begegnung, also im Nahbereich. Dazu sollen die Pflanzung der Bäume und alle damit verbundenen Aktionen einen Beitrag leisten.“

Wie schwer es in der heutigen Zeit ist, Projekte gleich jedweder Art umzusetzen, zeigte Claudia Dugandzic in ihrer Präsentation. Denn nicht nur Mega-Projekte, wie S21 oder die Renovierung der Staatsoper, erfordern extreme Abstimmungsprozesse. Konkret: Für das Projekt „Neue Bäume“ müssen das Amt für Stadtplanung und Wohnen, das Tiefbauamt, die Stadtentwässerung, das Amt für öffentliche Ordnung, das Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität sowie Stuttgarter Netze, Netze BW und die Telekom ihre jeweilige und ausführliche Zustimmung geben.

Daher ist auch noch nicht klar, wann genau die Bäume gepflanzt werden. Sicher ist nur, dass die Pflanzung im Jahr 2025 realisiert wird. „Spätestens Ende 2025 soll es gelingen“, sagte Claudia Dugandzic. Zudem erläuterte sie, dass die Pflanzungen in mehreren Bauabschnitten umgesetzt werden, damit der Verkehrsfluss im Viertel während der Arbeiten gewährleistet sei. Die Gesamtkosten der Baumaßnahme belaufen sich (einschließlich Nebenkosten) auf etwa 650 000 Euro brutto, was pro Baumquartier rund 19 000 Euro entspricht. Es seien Straßenbäume von solchen Arten ausgewählt worden, mit denen man in anderen deutschen Städten gute Erfahrungen gemacht habe, versicherte Dugandzic.

Ein zentrales Ziel der Maßnahmen sei die Schaffung von Flächen, die größere Mengen an Wasser aufnehmen und wieder abgeben können, meinte die Expertin des Gartenbauamtes. Das aufgefangene Regenwasser werde so gereinigt und dem Regenwasserkreislauf zugeführt. Das Schwammstadt-Prinzip böte laut Dugandzic eine innovative Lösung: „Den Bäumen wird unterhalb der befestigten Oberfläche in miteinander verbundenen Schotterkörpern mehr Raum gegeben. Das Substrat unter der Oberfläche funktioniert wie ein Schwamm und speichert Wasser, das den Wurzeln zur Verfügung steht und somit den Wasserabfluss bei Starkregen dämpft.“ Umgesetzt werde die Planung durch das Landschaftsarchitekturbüro Freiraum+Landschaft aus Nürtingen.

Je nach der Breite der jeweiligen Straße habe man Bäume ausgesucht, deren Kronen dem zur Verfügung stehenden Raum entsprächen, so Dugandzic. Jede betroffene Straße erhalte so ihren eigenen Charakter. Im Einzelnen seien geplant:

·         Hohe Straße: Fünf Brabanter Silberlinden. Dies ist eine Baumart, die sich aufgrund des breiten Wuchses gut für die gegebene Fläche eignet.

·         Heu- und Kienestraße: Mehrere Säulen-Ulmen.

·         Lange Straße (angrenzend an Leuschnerstraße): Drei Säulen-Hainbuchen. Aufgrund der engen Straßenverhältnisse wurde hier ein säulenförmiger Wuchs gewählt.

·         Firnhaberstraße (Jugendgeländespielplatz): elf Kegel-Feldahorn-Bäume. Diese Baumart bietet besonders im Herbst attraktive Farbspiele.

·         Gymnasiumstraße: Vier Chinesische Wildbirnen. Diese Auswahl sorgt für eine bunte Mischung.

·         Gymnasiumstraße (angrenzend an Leuschnerstraße): Zwei Purpurerlen.

Dafür müssen im Quartier 20 der insgesamt 80 Parkplätze weichen.

 

Baumpatenschaften werden von der Stadt grundsätzlich begrüßt. Baumpaten können sich um die Bewässerung der Bäume kümmern, die Baumbeete säubern, Beschädigungen melden und Hundehalter bitten, die Hinterlassenschaften ihrer Tiere zu entsorgen. Um eine Baumpatenschaft kann man sich auf der Homepage von Pro Stuttgart (www.prostuttgart.de) bewerben.

 

Die anschließende Diskussion im großen Saal des CVJM zeigte auch, dass die Baumpflanzungen durchweg begrüßt werden. Aus dem Hospitalviertel könne Quasi ein Naherholungsgebiet werden, lautete ein Wortbeitrag. Eine Teilnehmerin, die Erfahrungen mit Baumpatenschaften hat, wies auch darauf hin, „dass man so leicht seine Nachbarn kennenlernen kann“, was zu einem besseren Miteinander führe. Allerdings benötigten laut der erfahrenen Baumpatin aus dem Stuttgarter Westen junge Bäume wöchentlich jeweils etwa 100 Liter Wasser. Das sei auch ein Kostenfaktor, denn gesammeltes Regenwasser stehe im Quartier eher nicht zur Verfügung. Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle will daher prüfen, ob der Bezirksbeirat helfen könne.

Ein weiteres Problem konnte in der Diskussion identifiziert werden: Im Herbst könnte auch das herabfallende Laub zu einer Gefahrenquelle werden. Es stelle sich die Frage, ob für dessen Beseitigung die Stadt oder die Anwohner zuständig seien. Ein weiterer Vorschlag aus der Runde: Um Hunde von den Baumbeeten fernzuhalten, könnte man dort niedrige, dekorative Metallzäune anbringen, wie sie etwa aus Frankreich bekannt seien. Problematisch könnte es für die Parkplätze im Bereich der Linden werden, da diese Läuse anzögen und deren Ausscheidungen hässliche und nicht leicht zu beseitigende Spuren auf den Autos hinterlassen.

Angesichts des Wegfalls von 20 Parkplätzen wurde aus dem Teilnehmerkreis darauf hingewiesen, dass die Parksituation für Anwohner im Quartier sich dadurch verschärfe. Denn der Anwohner-Parkausweis koste jährlich über 400 Euro, ohne dass man dafür die Garantie auf einen Parkplatz habe. Ebenso wichtig war den Teilnehmern, rechtzeitig vor Beginn der Pflanzungen informiert zu werden, um Gelegenheit zu haben, das Thema der Baumpatenschaften insbesondere bei den Schulen ins Gespräch zu bringen.

Und trotz aller (lösbaren) Probleme – in einem Punkt waren sich am Ende der Veranstaltung alle einig: Diese Maßnahmen stellen einen wichtigen Schritt zur Verbesserung des urbanen Klimas sowie zur Förderung der Biodiversität und nachhaltigen Stadtentwicklung in Stuttgart-Mitte dar. Ganz abgesehen davon, dass die gemeinsame Sorge und Pflege der Bäume die Nachbarschaft im Quartier stärkt und das soziale Klima verbessert.  

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster

Landes-Quartierstag

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster
Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster

Auf der Suche nach dem Dritten Raum

Im Juli strömten über 300 Teilnehmer in den Hospitalhof zum 7. Fachtag Quartiersentwicklung unter dem Motto „Auf dem Weg zur krisenfesten Gesellschaft – Welchen Beitrag kann die Quartiersentwicklung leisten?“. Quartiersaktive aus ganz Baden-Württemberg, unter anderen auch das Forum Hospitalviertel, nutzten diese Gelegenheit, um gemeinsam über die Zukunft der Quartiere zu reflektieren. Zusammengefasst: Wie die Quartiersarbeit verschiedener Initiativen und Vereine die vielfältigen Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts beeinflussen?

Eine knappe Antwort lässt sich in der Grußbotschaft des Sozialminister Manne Lucha geben: „Quartiere können einen wesentlichen Beitrag bei der Bewältigung verschiedener gesellschaftlichen Krisen leisten.“ Lucha denkt dabei an alle Formen des Extremismus oder Rassismus. Welche Krisen es auch immer seien, so Lucha: „Wir können sie nur gemeinsam bewältigen.“ Die Schlüsselfunktionen dabei sind laut Lucha: „Teilhabe und Teilgabe – in der Nachbarschaft. „Daher braucht jedes Quartier einen kostenfreien Begegnungsort.“

Das entspricht ziemlich genau der Auffassung von Forum-Vorstand Eberhard Schwarz. Er geht schon lange mit der Idee des so genannten Dritten Ortes schwanger:  Diese Idee stammt ursprünglich von dem US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg. Er prägte den Begriff in den 1980er Jahren in seinem Buch „The Great Good Place“. Der Dritte Ort bezeichnet einen sozialen Treffpunkt außerhalb der eigenen Wohnung (Erster Ort) und der Arbeitsstätte (Zweiter Ort). Es ist ein Raum, in dem Menschen gemeinsam Zeit verbringen, sich austauschen, Beziehungen knüpfen und ein Gefühl der Zugehörigkeit erfahren.

„Für Quartiere in der Stadt ist die Idee des Dritten Raumes von großer Bedeutung“, sagt Eberhard Schwarz: „Diese Orte oder Räume können zu sozialen Knotenpunkten werden, an denen die Bewohner eines Viertels zusammenkommen, sich kennenlernen und Gemeinschaft erleben.“ Dritte Orte können Cafés, Parks, Bibliotheken, Gemeinschaftszentren oder lokale Geschäfte sein, die als offene und einladende Räume fungieren.

Schwarz ist sich sicher: „Indem die Quartiere Dritte Räume schaffen und fördern, tragen sie zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zur Unterstützung von sozialen Beziehungen und zur Bekämpfung von Isolation bei. Diese Räume können die Lebensqualität in Quartieren verbessern, das Gefühl der Nachbarschaftlichkeit fördern und ein Gefühl von Identität und Verbundenheit schaffen. Sie sind somit ein wichtiger Bestandteil einer lebendigen und lebenswerten Stadt.“

In seiner Keynote ging Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster auch darauf ein. In seiner inspirierenden Rede über die Potenziale nachbarschaftlicher Konstellationen als Quelle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, betonte er die Bedeutung von Kompromissen innerhalb der Nachbarschaft – also dort, wo Menschen zusammenleben. Dort steige das gegenseitige Vertrauen, so Kurtenbach und die Bereitschaft, Kompromisse zu einem gelingenden Zusammenleben auszuhandeln. Er glaubt, dass für eine funktionierende Nachbarschaft auch das Spiel der freien Kräfte wichtig ist: „Man darf die Menschen nicht an die Hand nehmen und Dinge vorgeben. Man muss ihnen das Vertrauen geben, eigenverantwortlich Beziehungen aufzubauen.“ Und genau dazu brauche es als Basis Dritte Orte, ergänzt Eberhard Schwarz: „Dort lassen sich dann funktionierende Nachbarschaften aufbauen. Wenn man es schafft, Dritte Ort zu etablieren, können sie dazu beitragen, das soziale Gefüge und die Lebensqualität im Quartier zu stärken.“

 

Ritterschlag durch OB Nopper

OB Nopper lobt die Arbeit des Forum Hospitalviertel

Baubürgermeister Pätzold vermeidet klares Bekenntnis zum Leuschnerplätzle

Das sogenannte Leuschnerplätzle am Berliner Platz ist ein Ort von nationaler Bedeutung. Denn dort wurde vor 175 Jahren die Paulskirchenversammlung aufgelöst. Damit war dieser Platz der letzte Ort des Frankfurter Rumpfparlaments im Jahr 1849, bevor es aufgelöst wurde. Inzwischen hat das Projekt Leuschnerplatz selbst eine längere Geschichte hinter sich.  Er sollte exemplarisch für die weitere Entwicklung von Orten der Demokratiegeschichte in Stuttgart stehen und so identitätsstiftend über den lokalen Raum hinauswirken. Die weitere Entwicklung ist offen. Daher bemühte sich das Forum Hospitalviertel zuletzt bei der Einwohnerversammlung des Bezirks Mitte darum, eine passende Lösung zur Neugestaltung des Platzes und zur Erinnerung an die Historie gemeinsam mit der Stadt zu finden.

„Wir würden Ihnen gerne die Hand reichen und als Quartiersinitiative diesen Platz mitgestalten. Wir signalisieren der Stadt: Helfen sie uns diesen Platz zu entwickeln“, sagte Forum-Vorstand Eberhard Schwarz zu OB Frank Nopper (CDU) und der versammelten Bürgermeisterriege im großen Sitzungssaal des Rathauses anlässlich der Einwohnerversammlung des Stadtbezirks Mitte.

OB Frank Nopper reagierte, spontan mit einem euphorischen „Jawohl“ und übergab schließlich Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) das Wort für eine dezidierte Stellungnahme. Doch Pätzold sagte lediglich: „Da ist ja auch ein Schreiben von ihnen eingegangen. Und das ist ja schon länger ein Thema.“ Ende des Vortrags. Alle, die gehofft hatten, er gehe nun konkret auf die Bitte von Eberhard Schwarz ein, wurde maßlos enttäuscht. Ungläubig blickten sich die Einwohner des Stadtbezirks Mitte an und fragten sich: Was ist das denn für eine Antwort?

Wie auch immer: Das Forum Hospitalviertel lässt trotz der unbefriedigenden Antwort nicht locker und weiß sich der Unterstützung von Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle und dem Bezirksbeirat Mitte gewiss. Zudem hofft das Forum auf den Oberbürgermeister. Denn dieser hat sich in der Einwohnerversammlung sehr wertschätzend zur 25-jährigen Arbeit des Forum geäußert: „Ein echtes Musterbeispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Kommunalpolitik und Bürgerbeteiligung ist die Entwicklung des Hospitalviertels. Nachdem die Verwaltung das Viertel als Sanierungsgebiet auswies, haben Anwohner, Gewerbetreibende, Kulturschaffende und der Verein Forum Hospitalviertel das Gebiet zwischen Schloss-, Fritz-Elsas- und Theodor-Heuss-Straße gemeinsam in ein durchmischtes, lebendiges und familienfreundliches Innenstadtquartier umgewandelt. Heute gibt es dort weniger Verkehr und Büros und dafür viel mehr Wohnraum, Baumpflanzungen und Freiflächen.“

Frühjahrsempfang

Mission lautet: Stadt und Quartier positiv beeinflussen

Der Freiheits- und -Demokratiegedanke stehen beim Frühjahrsempfang mit zahlreichen Vertretern der Politik, Kultur, Kirche, Wirtschaft und Bürgern der Stadtgesellschaft im Mittelpunkt.

 

Nie war er so wertvoll wie heute: der Frühjahrsempfang des Forum Hospitalviertel e. V. „Denn alle Bereiche des Quartiers und des Stadtlebens sowie des Gemeinwesens sind heute versammelt“, registrierte Forum-Vorstand Eberhard Schwarz mit Freude bei seiner Begrüßungsrede auf der Bühne des Renitenz-Theaters. Das war aus Sicht des Pfarrers im Ruhestand aus einem Grund besonders wichtig: „Wir leben in Zeiten, in denen die Gesellschaft auseinanderzubrechen droht.“

War der Frühjahrsempfang also bisher schon wichtig, um eine informelle und gesellige Umgebung zu schaffen, in der Menschen aus verschiedenen Bereichen, wie Politik, Wirtschaft, Bildung und Kultur, zusammenkommen können. So war er angesichts des zur Sorge veranlassenden Sittenbildes von Eberhard Schwarz in diesen Tagen besonders wichtig: Denn der Empfang ermöglichte den Austausch von Ideen und die Knüpfung neuer Verbindungen von Menschen, denen das Wohl und Weh der Stadt am Herzen liegt. Ein Ausschnitt der Gästeliste mag das veranschaulichen. Gekommen waren neben vielen anderen die Bezirksvorsteherin Mitte Veronika Kienzle (Grüne) nebst ihrem Gatten Altstadtrat Michael Kienzle (Grüne), die Stadträte Christoph Ozasek (Klimaliste), Doris Höh (FDP), Jürgen Sauer (CDU), Raphaela Ciblis (Grüne), den Bezirksbeiräten Cornelius Hummel (FDP), Klaus Wenk (CDU), Peter Jagusch (PULS) sowie der FDP-Europakandidatin Dajana Hummel.  

Auch ihnen galt der Dank von Eberhard Schwarz im Namen des Vereins für ihre Unterstützung bei dem Haushaltsantrag zur Förderung der Vereinsarbeit in den kommenden zwei Jahren. Dank und Anerkennung sprach Schwarz aber auch dem Revierleiter Mitte, Jens Rügner aus: „Es ist gut, sie in unserer Nachbarschaft zu wissen.“ Nicht weniger dankbar zeigte sich Schwarz gegenüber Astrid Schmelzer vom Stadtplanungsamt: „Sie haben mit ihren Kollegen viel zur Entwicklung und Aufwertung des Quartiers beigetragen.“ Das Viertel, so Schwarz weiter, ist in seiner Qualität und seinem Ruf zur Quartiersarbeit weit über die Quartiersgrenzen hinausgewachsen. „Das ermutigt uns weiter am Ball zu bleiben“, sagte Schwarz.

Und weil so ein Frühjahrsempfang natürlich auch dazu dient, wichtige Informationen über aktuelle Projekte, Initiativen oder Entwicklungen zu präsentieren, kam Eberhard Schwarz flugs auf das Demokratie-Projekt zu sprechen, bei dem das Forum Hospitalviertel Kooperationspartner der Uni Stuttgart und dem Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung (IZKT) ist.  Im Rahmen des Projekts kam Schwarz auch auf die Suche nach einem konkreten Ort zu sprechen, „an dem Demokratie sichtbar und erlebbar wird“. Gemeint ist das Leuschnerplätzle, „wo die erste Demokratiebewegung Deutschlands mit Gewalt zerschlagen wurde“.

Nicht nur dort soll laut Dr. Elke Uhl vom IZKT der Geist ihres Projektes wehen: „Wir befassen uns nicht mit Freiheit an sich, sondern wir stellen uns die Frage: Wie sind zukünftige Freiheiten, wie können Sie beschaffen sein?“ Deswegen begeben sich die Studenten dreier Hochschulen der Uni Stuttgart, der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Merz-Akademie ins Jahr 2049. Sie fragen, wie diese alltäglichen Freiheitspraktiken geschaffen sein werden und produzieren spekulative Dokumentarfilme. Wichtig dabei ist, dass diese Filme nicht im stillen Kämmerlein entstehen, sondern im Dialog mit den Bürgern. Das Ziel ist es, dafür eine temporäre Zukunftswerkstatt am Leuschnerplätzle zu schaffen.

Sichtbar und erlebbar zu sein, ist natürlich auch für Theaterleute die Basis für eine gute Arbeit. Im Hospitalviertel hat das der Gastgeber Roland Mahr mit seinem Renitenztheater gefunden. „Wir haben uns hier immer willkommen gefühlt“, sagte der Intendant des Renitenztheaters, der auch Vorstand im Forum Hospitalviertel ist. Und so befruchte man sich bis heute wechselseitig: die Kunst und der Quartiersverein. „Die Frage des Zusammenlebens beschäftigt nicht nur mich persönlich“, sagte Mahr, „sondern wird auch in unseren Produktionen thematisiert.“ Weiter sagte er: „Dazu planen wir ein Herzensprojekt, nämlich unser Festival „Büchse26“, das vom 4. bis 9. Juni stattfinden wird.“  Was einen an diesen Tagen erwarten könnte, zeigte schließlich der renommierte Kabarettist Thilo Seibel. Er fokussierte sich auf die Herausforderung, der aktuellen Weltlage etwas Positives abzugewinnen.

Als Kommunalpolitiker muss man ohnedies immer positiv denken. Denn ohne Gestaltungswillen und die innere Mission, die Stadt positiv zu beeinflussen, würde keiner ein Mandat übernehmen. Was die jeweiligen Mandatsträger antreibt, das gaben sie beim Frühjahrsempfang spontan und ohne Vorbereitung zum Besten, was sie unter Freiheit und Demokratie verstehen:

Jürgen Sauer (CDU): Für mich spielen die Begriffe Freiheit und Demokratie eine ganz zentrale Rolle in unserem Staatswesen. Und natürlich hängen Freiheit und Demokratie zusammen. Ein ganz wichtiger Punkt ist für mich auch, dass man eine freie Meinungsäußerung in Stuttgart im Land Baden-Württemberg und in Deutschland auch in Zukunft äußern kann.“   

Veronika Kienzle (Grüne): „Ja, was bedeutet Freiheit für mich? Die Freiheit bedeutet, dass wir die Freiheit haben, uns zusammenzuschließen, um etwas Gutes auf den Weg zu bringen. Und dass wir weitestgehend die Voraussetzungen haben, dies allen zu ermöglichen. Auch jenen, die vielleicht ein körperliches oder auch geistiges Handicap haben. Es ist gut, dass sie ihre Ideen oder Fähigkeiten mit einbringen können. Freiheit bedeutet aber auch, nein zu sagen, wenn wir meinen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Oder wenn wir meinen, dass wir die Regeln neu definieren müssen. Und natürlich dann, wenn wir meinen, dass hier einfach die Freiheit der anderen eingeschränkt wird. Bezogen auf den Verein Forum Hospitalviertel bedeutet das: Ich habe diese Arbeit hier im Quartier seit 20 Jahren immer als eine freie, eine geistig freie Arbeit empfunden. Gerade weil sie in der Gesellschaft verankert ist, weil sie Interreligiös verankert ist. Diese Arbeit beschränkt sich nicht auf eine Religion, sondern sie bezieht alle Religionen und auch alle spirituellen Strömungen, die wir in der Stadt haben, mit ein. Insofern ist hier, auf kleinstem Raum der großen Landeshauptstadt, so viel Entscheidendes passiert, was für mich auch Vorbildcharakter für die gesamte Landeshauptstadt hat.“

Christoph Ozasek (Klimaliste): „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Das heißt, wir müssen die Freiheit schützen. Und immer die Freiheit der anderen im Blick behalten oder sie verteidigen. Mit Jean Jacques Rousseau, dem klassischen liberalen Philosophen, gesprochen, ist Freiheit ein Zustand, der dann da ist, wenn niemand unterdrückt wird. Wenn zum Beispiel die Gesetze für die Mächtigen gemacht sind. Dann ist es keine Demokratie für alle. Ich glaube, da sind wir in einem gefährlichen Entwicklungskorridor weltweit.  Ich mache mir große Sorgen um unsere Demokratie. Wenn ich schaue, wie diese Lichtgestalten, diese Techgiganten, die unermessliches Vermögen aufgehäuft haben, heute Kontrolle ausüben können über Demokratie, dann ist das etwas demokratiegefährdendes. Das muss uns alle beschäftigen. Wenn ich sehe, wie viele Länder weltweit gerade wegdriften in Richtung Autoritarismus und wie die Demokratie als Staatsform tendenziell schwindet, dann muss uns das alle beunruhigen. Durch die starke Konzentration von Vermögen, von politischer Macht in den Händen weniger, geht vieles davon verloren. Und viele Menschen fühlen sich in so einer Demokratie nicht mehr repräsentiert. Deshalb müssen wir Sorge dafür tragen, dass die Stimmen aller gehört werden und nicht nur diejenigen Stimmen der Menschen, die laut schreien und die Macht haben und den Einfluss und die Netzwerke.“

Margarete Schumm (Klimaliste): „Ich mach es genau andersrum, ich beginne beim Individuum. Bei jedem Einzelnen und dessen Freiheit, die nur so weit gehen darf, dass man andere mit seinem Handeln nicht einschränkt. Ich glaube, das ist das, was unsere Gesellschaft braucht. Nämlich dass sich Menschen in einem Quartier begegnen können und in einen Dialog kommen. Wir wollen uns für Orte einsetzen, wo es diese Begegnung gibt. Für eine Stadt, die in ihrer Transformation alle mitnimmt. Wenn wir anfangen, den anderen zu verstehen, zuzuhören, uns zu begegnen, aber auch den Raum zu teilen, miteinander wieder zu teilen, dann können wir Freiheit und Demokratie bewahren. Genau das ist die Basisdemokratie, wenn wir wieder vor Ort im Quartier damit anfangen, miteinander in Verhandlungen zu treten. Und hier im Hospitalviertel ist ein wunderbarer Ort, wo das gut gezeigt wird.“

Raphaela Ciblis (Grüne):Auch bei mir geht der Gedanke sofort an unser Grundgesetz. Es ist wirklich immer wieder ergreifend, denn die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist was, was mir immer wieder Gänsehaut bereitet. Weil es eigentlich alles sagt, und das hat dann auch mit Demokratie zu tun. Mit dem Menschsein. Genau hier setzen wir uns mit unseren Ideen und unseren Programmen ein. Im Mittelpunkt unserer Politik steht daher immer die Menschenwürde und die Freiheit. Das ist unsere Verantwortung, das muss man spüren.“

Doris Höh (FDP): „Freiheit heißt für mich, die Möglichkeit zu haben, mir mein Leben, meine Existenz, mein Umfeld so zu gestalten, wie es mir möglich ist. Freiheit ist auch, sagen zu dürfen, was man denkt. Gerade die jungen Menschen gilt es zu motivieren, diesen Freiheitsgedanken auch zu leben.“  

Im Grunde gehen alle Statements in eine Richtung: Freiheit und Demokratie brauchen ein Forum, auf dem alles immer wieder ausdiskutiert wird. Ein Forum, das   Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit stiftet. In dieser Weise förderte der Frühjahrsempfang das Gefühl der Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit. Und damit hat der Verein seinem Namen „Forum Hospitalviertel“ alle Ehre gemacht. Denn dem Verein ist es gelungen, Menschen zusammenbringen, eine Atmosphäre der Verbundenheit und Solidarität zu schaffen, die dazu beiträgt, Beziehungen zu festigen und den Demokratiegedanken zu stärken.

„Es braucht diesen sozialen Kitt“

Eberhard Schwarz: "Es braucht diesen sozialen Kitt"

Über 20 Jahre Arbeit hat der Verein Forum Hospitalviertel inzwischen im Quartier geleistet. Für Vorstandsmitglied Eberhard Schwarz Anlass, gleichzeitig zurückzublicken und einen Ausblick zu wagen. Beim Blick nach vorn beschäftigt den Pfarrer der Hospitalkirche freilich auch die Frage nach der Förderung der Vereinsarbeit durch die Kommune. Im Hinblick zu den kommenden Haushaltsberatungen sagt er: „Da wir ein sehr kleiner Spieler auf dem großen Feld des Stadthaushalts sind, besteht immer die Gefahr, übersehen zu werden. Daher scheue ich mich nicht, in einer Diskussion darzustellen, dass wir zusammen mit der Politik und den Ämtern konstruktiv über das Thema Stadt nachdenken.  Und wir es immer wieder schaffen, Trendsetter-Themen zu setzen.“   

Herr Schwarz, der Verein Forum Hospitalviertel feierte zuletzt sein 20-jähriges Bestehen. Was ist von diesem Geburtstag am stärksten hängen geblieben?

Dass wir von großen Teilen der Politik – bis hin zur Landtagspräsidentin Muhterem Aras – große Wertschätzung für unsere Arbeit erfahren haben.

Was genau schätzen die verantwortlichen Politiker?

Unsere Impulse, die unsere Projekte in den Bereichen Bürgerbeteiligung und der Quartiersarbeit  in die Stadtgesellschaft
gesetzt haben. Dieses Echo hat uns natürlich sehr gut getan. Aber am wesentlichsten ist eigentlich, dass die Stadt in diesen zwei Jahrzehnten
Menschen gewonnen hat, die politisch aktiv und für Quartiere sozialsensibel geworden sind. Gerade dieses Engagement ist in diesen Tagen ja nicht mehr
selbstverständlich. Aus dieser Perspektive sind bei den Menschen Vertrauen und eine gute Nachbarschaft gewachsen. Und all das ist freilich mit unserer Arbeit verknüpft. Die Leute wissen inzwischen: Wenn das Forum kommt, dann ist das etwas Seriöses und Nachhaltiges.     

Sie nannten Muhterem Aras explizit. Welchen Anteil hat eine andere Frau, nämlich Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, an der Erfolgsgeschichte des Forums?

Sie hat einen wirklich bedeutenden Anteil, weil sie sich über all die Jahre mit echter Aufmerksamkeit und Wertschätzung an unserer Entwicklung teilgenommen hat. Sie hat viele Projekte unterstützt und hat mitdiskutiert. Man kann fast von einem idealen Verhältnis zwischen Kommunalpolitik und
Beteiligungsinitiative sprechen. Natürlich besteht zwischen der Graswurzeldemokratie des Bezirksbeirates und uns zwangsläufig eine enge
Verbindung. Aber Veronika Kienzle hat diese eindrucksvoll mit ihrer Persönlichkeit geprägt – mit einer großen Freiheit und Unabhängigkeit von den
jeweiligen politischen Belangen.      

Was braucht der öffentliche Raum?

Lassen Sie uns zurückblicken: Aus welchem Antrieb heraus ist der Verein entstanden?

Aus einem ganz banalen Anlass. Es ging um die Sanierung des Hospitalhofs. Damals fragten wir uns, was braucht es denn noch um die Sanierung herum? Denn wenn man eine Immobilie nur von innen her entwickelt, verspielt man unglaublich viele Chancen, die Nachbarschaft mitzunehmen. Schnell wurde dann klar, dass der Hospitalhof mit seiner Bildungsarbeit genau diese Frage schon stellt: Wie verstehen wir die Welt? Bei dieser Arbeit kam sozusagen eine Initialzündung. Uns wurde damals klar, alles was wir als Kirche machen, machen wir auch für die Stadt. 

Was war das erste Projekt?

Wir begannen mit der Frage: Wie können wir den öffentlichen Raum, der damals ganz furchtbar war, wieder attraktiver gestalten. In diesen Tagen wird ein weiteres Sanierungsprojekt, die Hospitalstraße, abgeschlossen. Das Viertel bekommt dadurch und die Arbeiten am Synagogenvorplatz ein weitere attraktive Fläche. 

Was aber ist durch diese Projekte sonst noch entstanden? Was sind bleibende Werte?

Ich habe in dieser Zeit vor allem eines gelernt: Nämlich, dass die Arbeit nie abgeschlossen ist. Ich hätte nie gedacht, dass Bordsteinkanten auch in
Zusammenhang mit Inklusionsthemen stehen können. Viele harte Fakten stehen in Wechselwirkung mit ideellen Werten. Und zuletzt lernten wir auch etwas über das Wesen der Stadt.

Was verstehen Sie darunter?

Dass Stadt ein lebendiger Körper ist, der in steter Veränderung ist. Und wenn man da nicht aufpasst, die Veränderungen nicht positiv begleitet, erlebt man innerhalb von zwei Jahren eine radikale Negativentwicklung von Quartieren. Es braucht daher diesen sozialen Kitt, es braucht die Stimmen, die sagen: Wir wollen uns zusammen entwickeln.     

„Wir brauchen Leute, die anpacken“

Sie nennen es sozialen Kitt. Kitt ist im Fensterbau heute überflüssig. Passt die Symbolik auf die Bereitschaft der Menschen, sich zu engagieren?

Es hat sich tatsächlich etwas verändert. Das Leben ist komplizierter geworden. Jeder Einzelne hat mit seiner Baustelle, seinem Lebensweg, zu tun. Daher haben die Menschen immer weniger Zeit sich zu engagieren. Das andere Phänomen ist, dass Vereine heute nicht mehr als Massenbewegungen funktionieren. Sie brauchen starke Trägergruppen. Es braucht ein paar Leute, die den Karren ziehen und andere temporär und punktuell dazu holen. Langfristig müsste das Ziel sein, Menschen auf Dauer für ihr Habitat sensibel zu machen. Ohne starke Trägergruppen diffundiert alles.

Was bedeutet das für die Gesellschaft?

Dass sie angesichts dieser Entwicklungen mehr denn je solche Menschen und Vereine wie uns braucht, die für Überzeugungen einstehen und aus der Beobachterrolle heraustreten, um anzupacken.     

Was repräsentiert der Verein heute?

Er repräsentiert unter anderem ein gewaltiges Wissensreservoir, eine Idee für soziale Prozesse. Das Forum ist inzwischen eine politische Größe im Spielfeld
der Stadtgesellschaft. Daher wäre es schade, wenn man sich von so einem wesentlichen Spieler auf der untersten Ebene verabschieden würde.   

Das Quartier ist entwickelt, die Institutionen im Viertel haben ihren Platz und funktionieren. Wozu braucht es das Forum Hospitalviertel noch?

Ich glaube schon, dass dies punktuell funktioniert. Aber es braucht eben auch einen institutionellen Imperativ.

Was meinen Sie damit?

Es ist wie bei der Kindererziehung. Man vermittelt immer wieder, dass man nicht alleine auf der Welt lebt, sondern in einem größeren Zusammenhang. Zum Beispiel in einem Quartier. So etwas ergibt sich nicht zwangsläufig aus guten bilateralen Verhältnissen.     

„Wir sind wichtiger Gesprächspartner“

Inzwischen weist das Forum mit seiner Arbeit weit über das Quartier hinaus. Der Verein Leonhardsvorstadt hat unter anderen schon Rat bei Ihnen gesucht. Wie stark ist die Rolle des Quartiersentwicklugs-Experten inzwischen. Und gibt es weitere Beispiele des Wissenstransfers?  

Wir haben tatsächlich immer wieder Anfragen. Richtig toll waren die Gespräche mit den Gästen aus Nazareth oder aus Schweden und der Türkei – Gespräche, zu denen wir über die Bosch-Stiftung und das Amt für Integration der Stadt eingeladen wurden. Diese Gruppen wollten unsere Erfahrungen, wie auf kleinräumiger Ebenen Vernetzung sowie Sozialentwicklung funktioniert, einholen. Aber auch hier in der Stadt sind wir wichtiger Gesprächspartner der Bürgerstiftung, der Stadtteilvernetzer, der Architektenkammer oder dem Verein Leonhardsvorstadt. Wir sind da viel unterwegs. Zuletzt auch bei der Konzeption einer Vereinssatzung für einen muslimischen Begegnungs- und Gebetsraumes.

Es gibt Gedankenspiele die Arbeit des Forums durch Strukturen in der Stadtverwaltung zu ersetzen. Was halten Sie davon?

Darin steckt ein Widerspruch in sich selbst. Weil unser Wissen ein kooperatives und Beteiligungswissen ist. Wenn man dieses Wissen weitergibt, muss man es
partnerschaftlich weitergeben. Top-down funktioniert das nicht. Es ist wie in der Pädagogik: Man muss selbst mit drinstecken, um zu lernen. Demokratie
verändert sich und braucht ständig neue Formen der Beteiligung. Genau das machen wir hier en miniature.    

Haben Sie dennoch die Sorge, dass manche das Forum für verzichtbar erachten?

Ja, das gebe ich offen zu: Ich habe Sorge, weil die Rationalität der Politik im Vierjahresrhythmus läuft. Und da die Leitmedien in der Stadt ihre Aufgabe aufgegeben haben, über politische Meinungsbildungsprozesse zu berichten, sorgt mich das umso mehr.  Wir sehen ja gerade in Frankreich,
wie den Bürgern ein Gesellschaftsentwurf um die Ohren fliegt. Auch die europäische Stadt hat sich verändert. Es ist eine komplexe Mischung aus
lokaler, globaler, digitaler Anwesenheit geworden. Umso dringlicher stellt sich die Frage: Was braucht so eine Stadt, damit sie funktioniert?

Und was braucht Stuttgart?

Es gibt in den großen Metropolen kaum noch Verwurzelung. Nur noch reale Begegnungen schaffen Identität und Verbindung. Daher müssen wir reale Begegnungen schaffen. Im Quartier, in der Stadt. Wir müssen Foren schaffen, wo sich Menschen treffen, austauschen und bestenfalls einbringen. 

In den kommenden Haushaltsberatungen geht es erneut um die Zukunft des Vereins. Gibt es Hinweise, wie sich der Gemeinderat zu einer weiteren Förderung des Forums stellt?

Es gibt zumindest keine negativen Hinweise. Aber das heißt noch nichts, da wir ein sehr kleiner Spieler auf dem großen Feld des Stadthaushalts sind. Da besteht immer die Gefahr, übersehen zu werden. Daher scheue ich mich nicht, in einer Diskussion darzustellen, dass wir zusammen mit der Politik und den Ämtern konstruktiv über das Thema Stadt nachdenken.  Und wir es immer wieder schaffen, Trendsetter-Themen zu setzen. 

„Junge Menschen zum Engagement ermuntern“  

Glauben Sie, Oberbürgermeister Frank Nopper weiß um die Bedeutung des Vereins?

Ich hoffe es. Wichtig ist es, dass ein paar Leute in seinem Umfeld von uns und unserer Arbeit wissen. 

Was ist Ihre Vision?

Wenn es uns gelingt, das Thema Subsidiarität, das Zusammenspiel von Zivilgesellschaft und Stadt noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken, wäre das eine gute Sache. Und wenn es weiterhin gelingt, die Expertise der Wissenschaft miteinzubinden, dann wäre das ein Weg in die Zukunft.  Natürlich wäre es schön, wenn wir auch mehr junge Menschen zum Engagement ermuntern könnten.  

Stichwort Jubiläum: Nach 20 Jahren kommen 25 Jahre. Gibt es schon Pläne für diesen Geburtstag?

Es gibt in England die Initiative Coinstreet, die mich sehr beindruckt. Die haben tolle Arbeit in der sozialen Quartiersarbeit geleistet.
Aber von den Früchten dieser Arbeit weiß dort fast keiner mehr. Keiner weiß, wem sie die Quartiersentwicklung zu verdanken haben. Da brauchen wir auch eine evaluative und historische Wahrnehmung unser Arbeit. Wir brauchen ein Gedächtnis. Daher wäre es schön, wenn wir zum 25-Jährigen eine Publikation
erstellen könnten, die unsere Arbeit und die Entwicklung des Hospitalviertels fixiert.

Das Gespräch führte Martin Haar             

Das Liegenschaftsamt unterstützt das Demokratie-Projekt nicht

Demokratieprojekt braucht Hilfe

Das Liegenschaftsamt unterstützt das Demokratie-Projekt nicht

Bezirksbeirat kritisiert Liegenschaftsamt

Der gesamte Bezirksbeirat Mitte und Bezirksvorsteherin Kienzle wünschen sich vom Liegenschaftsamt ein Einlenken bei der Zwischennutzung leerstehender Räume am Leuschnerplätzle.

Kleines Anliegen, großes Thema. So startete Eberhard Schwarz seine Rede vor dem Bezirksbeirat Mitte und Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Tatsächlich geht es Schwarz und dem Forum Hospitalviertel e.V. um nicht weniger als die Demokratie und ein einzigartiges Projekt dazu. Denn das Forum Hospitalviertel ist Kooperationspartner des universitären Projektes „Zukünftige Freiheiten. Reportagen aus der postkarbonen Gesellschaft des Jahres 2049“ unter der Federführung von Dr. Elke Uhl (Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung – IZKT).

Das kleine Anliegen des Forum-Vorstandes ist ebenso schnell erklärt: Gerade das Leuschnerplätzle soll bei diesem Projekt eine besondere Rolle spielen. Denn am Leuschnerplätzle, an der Ecke Fritz-Elsas-Straße/ Leuschnerstraße, endete mit der Auflösung des nach Stuttgart geflohenen „Frankfurter Rumpfparlaments“ im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Kapitel nationaler Demokratiegeschichte. Und genau hier soll dieses lose Ende der Demokratiegeschichte wieder aufgenommen werden.

Das Projekt untersucht nun vor allem die vielfältigen Debatten um den Freiheitsbegriff und dessen Zukunftsfähigkeit bis zum 100. Geburtstag des Grundgesetzes im Jahr 2049. Dabei sollen Bürger des Quartiers, Wissenschaftler und Studierende in einen kreativen Austauschprozess eingebunden werden.

Ein zentraler Bestandteil des Projektes sind die Dokumentarfilme mit den Bewohnern des Hospitalviertels, die unter anderem in einem temporären Begegnungsort produziert werden sollen: im „Atelier Leuschnerplätzle“. Es ist als Freiheitswerkstatt, als Begegnungsraum und als Ausstellungsraum konzipiert.

Tatsächlich würde sich dafür eine Liegenschaft der Stadt besonders eignen. Nicht nur, weil sie seit geraumer Zeit leer steht und offenbar auch nicht ad hoc zu vermieten ist. Einen Teil der Fläche könnte nun als Atelier dienen. Doch das Liegenschaftsamt lehnt die Zwischennutzung für das Demokratieprojekt kategorisch ab. Begründung: Die Fläche müsse erheblich saniert werden. Zudem hätte das Liegenschaftsamt derzeit alle Hände voll mit Flüchtlingsunterkünften zu tun. Ein dort ansässiger Einzelhändler widerlegt dies. Er erklärte gegenüber dem Forum Hospitalviertel: „Das Liegenschaftsamt hat uns sogar aufgefordert aktiv nach Pop-Up-Mietern zu suchen.“

Das Liegenschaftsamt selbst hüllt sich inzwischen in Schweigen. Mehr noch: Die Vertreter des Amtes haben sogar eine Einladung zur Bezirksbeiratssitzung abgelehnt. Nachdem Veronika Kienzle ihrem Rat und den Bürgern im Mittleren Sitzungssaal diese Botschaft übermittelte, folgte ein Raunen des Unmutes im Saal. Vereinzelt waren Stimmen herauszuhören, die Worte wie „Armutszeugnis“ oder „Das gibt’s doch gar nicht herauszuhören.

Auch für Pfarrer im Ruhestand Schwarz ist diese Haltung der Verwaltung nicht nachvollziehbar. Er stellte sogar eine Grundsatzfrage: „Wie geht man von Seiten der der Stadt mit Leerstand um?“ Schwarz wünscht sich einen transparenteren und kreativeren Umgang. „So sollte man nicht mit städtischem Eigentum umgehen. Zudem redet man in der Stadt gerne von Bürgerbeteiligung, aber in den Ämtern scheint dieser Gedanke noch nicht verankert zu sein.“           

Worte, die bei den Bezirksbeiräten kollektive Betroffenheit auslöste. „Ich kann das nicht nachvollziehen“, erklärte Heinrich Huth (SPD), „ich wünsche mir, dass das Liegenschaftsamt diese Räume zur Verfügung stellt.“ Auch Cornelius Hummel von der FDP versicherte Schwarz und dem Forum Hospitalviertel seine ganze Unterstützung: „Von mir voller Rückenwind.“ Veronika Kienzle geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie hat die historische Bedeutung des Leuschnerplätzles erkannt und will sich nun um diesen Ort persönlich kümmern, obschon man ihn wegen seiner Lage und Topografie nicht ohne weiteres zu einem Gedenkort machen könne. Fürs Erste versprach sie aber, das Liegenschaftsamt erneut im Namen des Bezirksbeirates Mitte anzuschreiben. „Wir werden erneut darum bitten, diese Räume für eine mehrmonatige Nutzung freizugeben.“     

Für das Forum Hospitalviertel bedeutet diese Zusage sehr viel. Aus Sicht des gesamten geschäftsführenden Vorstandes ist mit etwas gutem Willen an dieser Stelle etwas ganz Wunderbares im Sinne der Demokratie sowie der Geschichte dieses besonderen Platzes möglich. Aus diesem Grund appellieren die Geschäftsführenden Vorstände des Forum Hospitalviertel an das Liegenschaftsamt, in diesem Fall das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.  

Demokratie-Projekt

Forum ist Partner eines universitären Demokratie-Projektes  

Leuschnerplätzle rückt ins Bewusstsein

Das Forum Hospitalviertel ist Kooperationspartner des universitären Projektes „Zukünftige Freiheiten. Reportagen aus der postkarbonen Gesellschaft des Jahres 2049“ unter der Federführung von Dr. Elke Uhl (Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung – IZKT). Bei dem Projekt wird diskutiert, wie sich der Freiheitsbegriff transformieren könnte und welche Auswirkungen dies auf unsere Gesellschaft haben könnte. Das Projekt beinhaltet die Produktion von spekulativen Dokumentarfilmen, die verschiedene Aspekte der zukünftigen Freiheit beleuchten. Studierende aus verschiedenen Hochschulen werden in einem transdisziplinären Ansatz zusammenarbeiten und mit den Bewohnern des multikulturellen Hospitalviertels in einen Dialog treten. Das Ziel ist es, die Debatte über die Zukunft der Freiheit zu konkretisieren und aus ideologischen Argumentationsmustern auszubrechen. Die Bürgerinnen und Bürger des Quartiers werden aktiv in den Prozess einbezogen und zu den öffentlichen Veranstaltungen eingeladen.

Das Projekt untersucht vor allem die vielfältigen Debatten um den Freiheitsbegriff und dessen Zukunftsfähigkeit bis zum 100. Geburtstag des Grundgesetzes im Jahr 2049. Dabei sollen Bürger, Wissenschaftler und Studierende in einen kreativen Austauschprozess eingebunden werden. Das Projekt besteht aus drei Modulen: transdisziplinäres Lehrprojekt zur Filmproduktion, Dialog mit Bürgern des Hospitalviertels in Stuttgart und Einrichtung einer temporären Freiheitswerkstatt als Begegnungsraum im „Atelier Leuschnerplätzle“.

Gerade das Leuchschnerplätzle liegt dem Forum Hospitalviertel besonders am Herzen. Denn die Leuschnerstraße mit dem sogenannten Leuschnerplätzle im Hospitalviertel gehört zu den weniger attraktiven Orten in der Stuttgarter City. Aber der Schein trügt: an der Ecke Fritz-Elsas-Straße/ Leuschnerstraße endete mit der Auflösung des nach Stuttgart geflohenen „Frankfurter Rumpfparlaments“ im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Kapitel nationaler Demokratiegeschichte.

Nicht zuletzt deshalb entstand bereits 2014 die Idee, diesen Ort der Demokratie sichtbar zu machen. Dies könnte nun durch das IZKT-Projekt teilweise gelingen. Alte Fragen von damals können nun neu (in Interviews) gestellt werden: Wie könnte die Erinnerung an das Ereignis adäquat und gestalterisch dargestellt werden? Wer sollte sich darüber Gedanken machen? Und kann man die Geschichte des Stuttgarter „Rumpfparlaments“ an nur einem Ort erzählen, es hat ja an verschiedenen Orten getagt, bis es gewaltsam aufgelöst wurde?

Ob das gelingt, wird sich zeigen. Sicher ist indes eines: Die Filmteams greifen beim Projekt auf Ergebnisse zurück, die im Dialog mit Menschen, die oftmals nur wenig Berührungspunkte mit Wissenschaft hatten und die in einem multikulturellen Quartier – dem Hospitalviertel – leben, erarbeitet wurden. Die Einwohner des Quartiers weisen ca. 70 unterschiedliche Nationalitäten auf, 56 Prozent sind Deutsche, der Anteil der Arbeitslosen und auf Grundsicherungsleistungen Angewiesenen bei Einwohnern unter

65 Jahren liegt mehr als das Doppelte über dem Stuttgarter Mittel. Das stellt Herausforderungen an die Wissenschaftskommunikation unseres Themas, denen mit der co-kreativen Produktion und Reflexion spekulativer Dokumentarfilme begegnet wird. Um die Bewohner des Hospitalviertels in den Prozess der Konzipierung und ggf. Durchführung der Filmarbeiten einzubeziehen, wird -wie gesagt – ein temporärer Begegnungsort geschaffen: das „Atelier Leuschnerplätzle“.

Das Forum Hospitalviertel hat in diesem Projekt vor allem die Rolle des Netzwerkers. Wir werden den Machern Türen öffnen und Verbindungen schaffen. Auch zu Menschen im Quartier, die sich als Zeitzeugen an den Interviews und Filmen beteiligen wollen. Aber die Bürger des Hospitalviertels werden nicht nur in die Filmarbeit eingebunden, sondern auch zu den öffentlichen Aufführungen und Diskussionen eingeladen. Es ist zwar noch nicht spruchreif, aber tatsächlich plant das Forum Hospitalviertel parallel zum Projekt ein kleines Symposium zum Thema Demokratie. Mehr dazu und zu allen Neuigkeiten erfahren Sie hier auf unserer Web-Site, auf unserem Newsletter (Anmeldung unter https://forum-hospitalviertel.de/kontakt/) und natürlich unseren Social Media Kanälen auf Facebook und Instagram: Forum Hospitalviertel e.V. (@forum_hospitalviertel) • Instagram-Fotos und -Videos  

Lokal-Termin

Polizei froh über den Dialog mit Bürgern

Der  Lokaltermin des Forum Hospitalviertel mit Vertretern der Polizei und Bürgern aus dem Quartier
hilft beiden Seiten. Für Meldungen aus der Bürgerschaft ist die Polizei stets
dankbar: „Wir wollen immer ansprechbar sein. Rufen Sie an, wenn Ihnen etwas
auffällt!“  

Sicherheit ist (k)eine Gefühlssache. Oder? „Es gibt das
Gefühl, dass sich das Konfliktpotential in der Gesellschaft erhöht hat. Wir
alle sind vorsichtiger und ängstlicher geworden“, sagte Eberhard Schwarz,
Vorstand des Vereins Forum Hospitalviertel zur Begrüßung der Veranstaltung
„Sicherheit im Quartier“ in den Räumen des CVJM. Damit sprach Schwarz den
meisten der rund 25 Teilnehmer des Lokaltermins mit zwei Vertretern der Polizei
aus dem Herzen.

 Doch bei diesem Thema helfen letztlich nur Fakten. Die Zahl
der Delikte, die von der Polizei verfolgt werden, geben im Vergleich der Jahre
meist eine gute Einschätzung über die Sicherheitslage in der Stadt oder einem
Quartier. Mit diesen Zahlen, der sogenannten Kriminalitätsstatistik der
Polizei, lassen sich verlässliche Aussagen über die Lage machen. Allein mit dienen
Zahlen konnten Christopher Dirscherl, Leiter des Bezirksermittlungsdienstes, und
seine Kollegin Ute Jentzsch vom Referat Prävention nicht diesen. Die Zahlen für
das Jahr 2023 werden naturgemäß erst im darauffolgenden Jahr veröffentlicht. Eines
konnte der stellvertretende Leiter des Innenstadtstadtreviers jedoch schon
jetzt sagen: „Im Jahr 2018 gab es mehr Straftaten als jetzt.“

Weil Dirscherl ein alter Hase in seinem Metier ist, weiß er
genau, was er mit solchen Aussagen auslöst. Nämlich Staunen. Denn das
subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger korreliert nicht mit der objektiven
Lage. Das mag auch der anwachsenden Informationsflut in den sozialen Medien
sowie der Boulevardisierung der Stuttgarter Tagespresse liegen. Das mediale
Geschäft mit dem Verbrechen zeigt also Wirkung bei den Menschen. Die Stadt und
ihre Bezirke werden zunehmend als unsicher und in den Abendstunden als
bedrohlich empfunden. Doch Christopher Dirscherl hält dagegen: „Auch wenn es
einen leichten Anstieg der Fälle gäbe, ist er nicht bedrohlich.“

Überdies gibt Christopher Dirscherl zu bedenken, dass die
Lage in der Innenstadt an Freitagen und Samstagen natürlich nicht zur
Verallgemeinerung diene. „Da ist Remmidemmi, da prägt die Eventszene mit viel
Publikum die Stadt. Und je mehr Leute da sind, desto mehr Kriminalität ist
möglich.“
  Doch auch hier stellt der
Polizeibeamte klar: Die Ordnungsmacht ist präsent. Ob in Uniform oder in Zivil.
Auch die Poserszene habe man im Blick. „Durch unsere Maßnahmen sind die Poser vorsichtig
geworden. Wenn die mit einem Auto kommen, das nicht zulässig ist, müssen sie
damit rechnen, dass wir es aus dem Verkehr ziehen.“

Obwohl Christopher Dirscherl mit dieser Rede und seinem
selbstsicheren Auftreten Eindruck machte, bleiben freilich dunkle Flecken in
der Stadt. Im Wortsinn und im übertragenen Sinn. Die Polizei kann nicht überall
gleichzeitig sein. Das weiß auch der erfahrene Beamte. Daher appellierte er an
die rund 40 Teilnehmer aus dem Quartier, sich selbst die Frage zu stellen: „Wo
haben wir dunkle Ecken? Und wie können wir die heller machen?“ Auch für
Vorschläge aus der Bürgerschaft sei man dankbar: „Wir wollen immer ansprechbar
sein.“

In diesem Satz liegt die Kernbotschaft von Christopher
Dirscherl, die er für diesen Abend mitbrachte: „Rufen Sie an, wenn Ihnen etwas
auffällt.“ Damit will der Beamte der Furcht entgegentreten, dass man der
Polizei nur in Notfällen anrufen dürfe: „Rufen Sie lieber eher an, als gar
nicht. Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig! Man muss sich keine Gedanken
machen, dass der Einsatz in Rechnung gestellt wird.“ In Notfällen empfiehlt er
die
110 zu wählen, für Fälle im
Quartier sei es auch möglich, das Revier direkt unter folgender Nummer zu
kontaktieren:
07 11/89 90 31 00. Die
Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle (Einbruchschutz etc.) ist unter
07 11/89 90 12 30 zu erreichen.

Für den Wirt des „La Commedia“, Piero Cuna, ist das eine
gute Nachricht. Bisher hat er sich mutig selbst in Gefahr begeben, wenn dunkle
Gestalten sein Lokal ausspähten. Davon oder anderen Aktionen, die einen in
Gefahr bringen könnten, raten Jentzsch und Dirscherl ab. „Das ist unsere
Aufgabe. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir im Dialog bleiben.“ Sowohl die
beiden Beamten als auch die Teilnehmer der Veranstaltung begrüßten daher, dass
das Forum Hospitalviertel sich um diesen Dialog zwischen Bürger und Polizei
verdient gemacht habe.

In diesem Sinne soll es nun auch weitergehen. Nicht nur mit
weiteren Veranstaltungen des Forum Hospitalviertel, auch mit dem aktiven Dialog
zur Polizei und dem Ordnungsamt der Stadt Stuttgart. Denn bei vielen Problemen
im Quartier sind Polizei oder Polizeibehörde auf die Zusammenarbeit mit
Bürgerschaft angewiesen. Ganz gleich, ob es sich um Themen der Sauberkeit und
Sicherheit oder des Straßenverkehrs handelt. Oft fehlt den Ordnungshütern
schlicht die Information über Missstände oder Probleme.

So zeigte sich Christopher Dirscherl gleichermaßen dankbar
und überrascht, als die Teilnehmer ihn auf die permanenten Verstöße gegen die
Einbahnstraßenregelung („Das wird grundsätzlich ignoriert“) in Kenntnis
setzten. „Wir schauen und das an“, versprach Dirscherl, „wir nehmen das sehr
ernst.“ Natürlich wissen die Bürger und Teilnehmer des Abends, dass diese
Absichtserklärung von Christopher Dirscherl nicht alle Probleme auf einen
Schlag löst. Aber das Versprechen, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen, ließ
alle Teilnehmer mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Und gerade beim Thema
Sicherheit ist das Gefühl bekanntermaßen eine nicht zu unterschätzende Größe. 

                                              *

Zum Thema SicherheitsgefühlVor Kurzem erhielten 50 000 Stuttgarter die Einladung,
an einer Sicherheitsstudie teilzunehmen. Diese  Untersuchung fokussiert sich
als erste ihrer Art exklusiv auf das Sicherheitsgefühl und erfasst nicht nur
Gesamtdaten für die Stadt, sondern auch auf Bezirksebene.
Die Teilnehmer wurden zufällig ausgewählt, wobei demografische Daten
und Wohnorte berücksichtigt wurden. 
Eine weitere Innovation liegt
in der
Anwendung der Methodik des Instituts für Kriminologie der
Uni Heidelberg und
des Instituts für Kriminologische
Forschung Baden-Württemberg, was einen
Vergleich mit anderen Kommunen ermöglicht.
Die Studie berücksichtigt nicht nur statistische Werte,
sondern legt auch Wert auf das subjektive Sicherheitsempfinden
der Bürger. Die Stadt ist daran interessiert, die Einschätzungen
der Menschen zu verstehen, da Orte, an denen Ängste existieren,
oft gemieden werden, was wiederum das Unsicherheitsgefühl verstärken kann.